Daylight

 

Dort, wo die Nacht am Horizont langsam vom Licht des nahenden Morgens verdrängt wird, bäumt sich die Dunkelheit ein letztes Mal auf. Inmitten eines Kolosseums aus zerstörten Sonnenblumen trifft Jason auf Galateia. Unter den stummen Blicken ihrer einäugigen Zeugen, bahnt sich die Entladung einer toxisch mutierten Dynamik von obsessiver Liebe an. Choose your Player!

 

Während sich die Milchweiße*, die strahlende, schöne Galateia im Anschlag einer Drehung befindet, verharrt der entstellte, maskierte Jason mit versteckter Machete hinter dem Rücken. So stehen sie sich im Mortal Combat Modus gegenüber, denn sie wissen was kommt. Vereinzelt liegen im gequälten specter audience* persönliche objets trouvés* des Künstlers. Hier, ins verkohlte Zyklopenfeld, treten wir als Betrachtende ein und begegnen einer grotesk-humorvollen Abgründigkeit, die vom Scheitern menschlichen Verlangens zehrt.

 

„Somewhere in a field of sunflowers, the evil fights the light”, verkündet die Videoprojektion den epischen Tipping-Point in blut-glänzenden Worten. Es ist der Moment, aus dem Jasons manisches Gedankenspiel zu realer Gewalt erwächst. Vor schwarzem Hintergrund und unter Rauschen, ermahnen uns Zeilen aus Dylan Thomas‘: Do not go gentle into the good night;* abgewandelt und ins Gegenteil verkehrt. Aus der Finsternis stößt Jason hervor: „Rage, rage against the dying of the night.“ Es folgt ein rasantes Wechselspiel farbintensiver Visuals und gleißender Strobolichter. Wut übernimmt, Waste* setzt ein, laut und hart:

 

WASTE, SUCH A FUCKING WASTE, WASTE SUCH A FUCK– (...) WASTE OF TIME, WASTE OF MONEY, WASTE OF LOVE! WASTE OF TIME, WASTE OF MONEY, WASTE OF ALL I GOT!

 

Provoziert vom unerbittlichen Hyperpop-Sound, treibt die Videoprojektion ihre emotionale Überspannung voran. Anatomische Innenwelten sind gekoppelt an Horrorszenen, physischen Schmerz, Angst und Tod. So glatt und kalt die Silikonhaut der beiden Figuren im Raum auch anmutet, im Inneren wütet das Inferno. Dabei sind die visuellen Gedankensprünge der Projektion immer wieder über einen virtuellen Gang durchs Sonnenblumenfeld verbunden, bis es in Flammen aufgeht. Falling* löst den Gewaltausbruch auf. Und so fällt der Wal durch die dunkle Wolkendecke, im ersten Moment seines Bewusstseins, aus dem Nichts herab. Fällt seinen tiefsten Fall und alles auf Anfang! Alles nochmal?

 

Begleitet vom gleichnamigen Soundtrack führt Daylight aus Euphorie in entsetzliche Wut, gefolgt von Trauer. Unter der Spannung zwischen handwerklicher Geste und vollkommen artifizieller Digitalität erstellt Daylight ein popkulturelles Psychogramm seiner Prota-gonist:innen und spricht damit auch von einer wiederkehrenden spätpupertären Frustration. Vom Schlachthausportal bis zum fallenden Wal gibt es keine Gnade: wir müssen aushalten. Der linearen Zeit beraubt, existiert in diesem Moment keine Gewissheit zwischen Licht und Dunkel. Da ist kein sicheres Innen und Außen, wenn wir implodieren. Abyssus abyssum invocat.