Schneller
Vom 1.2.22 bis 15.2.22 arbeitete Birgit Wagner am Webstuhl.
Zentral im Raum aufgebaut steht ein Hochwebstuhl. Flach, zwei Meter hoch und knapp eineinhalb Meter breit ist er. Von unten nach oben entsteht nach einer handschriftlichen Vorlage mehrmals das selbe Wort. Die Schrift ist hell auf dunkel. Auf der Rückseite alles spiegelverkehrt. So ist auch die Arbeitsweise.
Das Gewebe wird nach und nach aufgewickelt. Was zu sehen ist hängt vom Blickwinkel und vom Besuchszeitpunkt ab. Bis zur Fertigstellung ist jeweils nur der zuletzt gewebte Teil sichtbar.
Der Hochwebstuhl stammt aus dem Bestand der Akademie. Er wurde um 1947 für die neu eröffnete Textilwerkstatt (Weben, Färben, Sticken) angeschafft. Bis 2004 war er aufgebaut. Jetzt lagert er gewöhnlich mit weiteren Webstühlen im Keller der Akademie.
Die verwendete Technik des Brettchenweben ist eine sehr alt. Im Vergleich zu einer klassischen Tapisserie, die als „Malen mit Fäden“ beschrieben werden kann, verfolgt Brettchenweben einen textiltechnologischen Ansatz. Die Farbgebung ist eingeschränkt, der Hintergrund entsteht zeitgleich mit dem Motiv. Einzigartig ist die Möglichkeit ein zu drei Seiten geschlossenes Stück Stoff zu fertigen. Diese Methode wird auch in schneller angewendet.
Brettchenweben benötigt viel Konzentration und Ausdauer. 152 Spielkarten als Brettchen sind flach und stabil, sie dienen durch Farbe, Anzahl und Richtung zur Orientierung. Korrekturen sind mühselig und brauchen Zeit. Beim Schauweben wird Fingerfertigkeit gezeigt, aber es ist auch ein Ringen um den Fokus und das Abwegen welche Fehler bleiben können und welche weitere Fehler multiplizieren.
Mit schneller geht Birgit Wagner an den Ursprung ihres Berufes als Schneiderin und verhandelt Perfektion, den Druck der Produktivität in ihre Rolle als Textilhandwerkerin. Die Ausarbeitung ist das physische Erleben der inhaltlichen Ebene und das Ausliefern an den Prozess.