Der Vortrag erörtert anhand von Beispielen aus dem Bereich Moving Image inwieweit digitale und ‚immaterielle’ Technology materiell zu denken ist.
Die Geschichte der Technologie von der Antike bis ins 21. Jahrhundert ist auch die von Bergbau, Sklaverei und ‘überschüssiger’ Bevölkerung, von Aufständen auf der Erde und im Weltraum. Dabei stößt sich politisches Handeln immer wieder an der Frage nach seiner Wirklichkeit: die rote oder die blaue Pille Schlucken? Ist man auf einen psychotischen ‘Egotrip’ oder auf dem Weg zu einem revolutionärem Bewusstsein? Frau oder Maschine?
Oder anders gefragt: wäre es wirksamer, sich nicht auf den vermeintlichen Split zwischen Wirklichkeit und Virtualität einzulassen? Ist aber nicht gerade der Cyber-Utopismus der 1990er Jahre bereits an dieser Entgrenzung gescheitert, insofern er das Netz als unregulierten revolutionären Raum nur imaginierte? Wie steht es 2049 um die angebliche Neutralität von Technologie? Sind technê und Technologie überhaupt anthropologisch universell denkbar? Und sind all diese Fragen überhaupt noch aktuell, als Usha Adebaran-Sagar 2098 ihren Abschluss in Exoanthropologie an der der ISS Multiversity macht?
Der Workshop gibt eine Einführung zu Louis Chude-Sokeis 2016 erschienenem Buch The Sound of Culture, Diaspora and Black Technopoetics und fragt nach den Konsequenzen, die seine Analyse der historischen und kulturellen Beziehungen zwischen Rasse und Technologie für (künstlerische) Technikzugänge haben kann. Ausgehend von zentralen Denkern der Afrikanischen Diaspora (Edouard Glissant, Sylvia Wynter, Edward Kamau Brathwaite u.a.) steht dabei insbesondere die Frage nach der Grenze von Lebendigen und Technischen in einer von Sklaverei, Kolonialismus und Industrialisierung geprägten Welt im Diskurs um Posthumanismus und Künstliche Intelligenz im Vordergrund.
Anja Kirschner ist eine Künstlerin und Filmemacherin. Kirschners Filme rekurrieren auf faktische, literarische und popkulturelle Quellen und untersuchen Fragen von Materialität, Digitalität und Narrativität und wie diese Aspekte zu der (De-)Formation von Subjektität und politischer Handlungsfähigkeit beitragen. Kirschner wurde 2011 mit dem Jarman Award (UK) ausgezeichnet, und hatte unter anderem Ausstellungen in der Secession, Wien, der Extra City, Antwerpen, dem Neuen Berliner Kunstverein, Berlin, dem Artists Space, New York und der Tate Modern, London. Ihre Filme wurde auf der Berlinale sowie auf zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt. Derzeit arbeitet sie an einem practice-based PhD am Royal College of Art in London mit dem Arbeitstitel „A Gate Through Which The Boundaries Slip: Queer-Feminist Approaches to New Materialism and Fiction Writing in the Field of Contemporary Moving Image.”