Die Ausstellung versammelt Highlights der Gravenhorster Natur- und Kunstgeschichte. Im großen Saal bildet die Installation Kaltlandschaft des Münchners Daniel Bräg das Zentrum. Blütezeit wird hier wörtlich genommen und die diesjährige Gravenhorster Obstbaumblüte spektakulär inszeniert. Ortsspezifische Arbeiten von ehemaligen Stipendiat*innen nehmen Umwelt und Natur des Klosters ins Visier und reflektieren den Begriff Blütezeit auf vielfältige Art.
Das Kunsthaus Kloster Gravenhorst zeigt Daniel Brägs Installation Kaltlandschaft. In 30 Kühlschränken sind blühende Obstzweige zu sehen. Die Kühlschränke sind gleichmäßig über den weitläufigen Museumsraum verteilt und stehen jeweils auf einfachen Sockeln, die sie über eine bloße Vitrinenfunktion hinausheben und als Teil einer allansichtigen Installation kennzeichnen. Sie dienen im abgedunkelten Museumsraum gleichzeitig als Lichtquelle. Ein leises Summen verrät ihre beharrliche Aktivität. In großen geschlossenen Gläsern in Gelatine konserviert nehmen die Gravenhorster Obstblüten ihren Platz in den Kühlschränken ein. Der süßlich faulige Geruch lässt keine Zweifel daran, dass die Installation einen biologischen Prozess wirklich zeigen und nicht nur abbilden will.
Seit dem Beginn seiner künstlerischen Arbeit zeigt Daniel Bräg in immer neuer Form einen transformierten Obstgarten. Wohl auch in Anspielung auf den verlorenen Paradiesgarten und zum Scheitern verurteilte Versuche, gewaltsam eine künstliche Ewigkeit zu erreichen, wird die organische Natur in rechteckige Formen gepresst, geordnet und konserviert. So entstanden Herbarien, Holzstöße, geschichtete oder in Regalen gelagerte Einmachgläser und schließlich die Kühlschränke. Kaltlandschaft versetzt wie schon frühere Arbeiten die Kulturlandschaft Obstgarten in den Kulturraum Museum. An die ursprüngliche Gestalt des Obstgartens wird auch über die charakteristische Verteilung der Kühlschränke im Raum erinnert, wie man sie etwa schon von den Holzstößen kennt. Zeit ist vielleicht die entscheidende Dimension von Daniel Brägs Obstlandschaften. Kaltlandschaft betont diesen Aspekt noch stärker als frühere Ausstellungen, die vor allem vergebliche Konservierung gezeigt haben. Hier erblühen die Zweige gewissermaßen schon im Zustand der Konservierung, bevor sie zum Ende der Ausstellung als eingelegte Reliquien zu sehen sind. Damit ist im Moment des Betrachtens mehr zu sehen als nur die Gegenwart. Erblühen, Verwesen und Konservieren erzwingen als Symbole eine Vergegenwärtigung der unausweichlichen Zukunft. Andererseits ist die Arbeit bei einem Ausstellungsbesuch nie ganz zu sehen. Während sich die Obstlandschaften über mehrere Ausstellungen entwickelt haben, verwandelt sich Kaltlandschaft für den wiederkehrenden Besucher derselben Ausstellung.
(Text: Paul Bräg)