Organisiert von der Textilwerkstatt.
Die Gestaltung und die Herstellung von Textilien gehören zu den ältesten handwerklichen Tätigkeiten der Welt. Abdrücke von Geweben werden auf ein Alter von 12.000 Jahren geschätzt, reale Gewebereste datiert die Forschung auf 2.500 v. Christus. Mit Textilien wird das Grundbedürfnis des Menschen nach Kleidung, Schutz und Schmuck erfüllt. In nahezu allen Kulturen der Erde wird die Oberfläche eines gewebten, gestrickten oder gefilzten Stoffes mit Hilfe von verschiedenen Techniken wie Drucken, Sticken, Bemalen und Applizieren ästhetisch gestaltet. Es sind zumeist nach strengen Regeln aufgebaute Muster, die partiell und auch die gesamte Oberfläche überziehen können. Florale, geometrische, figürliche und abstrakte Einzelmotive werden im Rapport neben- und
übereinander gesetzt und überziehen in dichter oder lockerer Folge den Fond, beziehen ihn oftmals in die Gestaltung mit ein. Die Musterung wird, neben der Technik, beeinflusst durch regionale und nationale Prägungen, von den jeweiligen Kunstströmungen und orientiert sich am späteren Verwendungszweck. Meist soll ein räumlicher Eindruck vermieden werden, denn selbst die nur angedeutete Dreidimensionalität eines Kleiderstoffes lässt den Träger fülliger erscheinen, stellt die Gardine in den Raum und verunsichert beim Betreten eines Teppichs. Seit der Industrialisierung werden Musterzeichner an eigens dafür eingerichteten Schulen ausgebildet. Manche, wie die Arts and Crafts Bewegung in England am Ende des 19. Jahrhunderts oder das Bauhaus in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhundert wirken stilbildend bis in unsere heutige Zeit hinein. Gestaltete textile Oberflächen wecken Aufmerksamkeit oder dienen als Tarnung, sind Schmuck oder demonstrieren Macht, grenzen aus und können subtile Hinweise übermitteln.
Der Vortrag gibt einen Einblick in die umfangreiche Stilgeschichte der Musterung, behandelt die verschiedenen Techniken und bringt praktische Beispiele zur eigenen Mustergestaltung.
Dr. Karin Thönnissen, geboren und aufgewachsen am Niederrhein. Studium in Köln (Universität zu Köln) und Aachen (RWTH Aachen), Promotion über die „Textile Flächenkunstschule von Johannes Itten in Krefeld“. Selbstständige Kuratorin von textilen Ausstellungen in Deutschland, Beiträge für Fernsehen, Rundfunk, Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Katalogbeiträge und Vorträge zu textilen Themen. Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Köln, RWTH Aachen und an der Bauhaus Universität zu Weimar. Mitglied in verschiedenen textilen Organisationen in Europa und England.