München gilt als eine sehr schöne, aber auch sehr aufgeräumte, ja vielleicht sogar zu ordentliche Großstadt. Immer wieder sieht die Stadt sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass ihr die „Weirdness“ fehle – Orte also wie Schönheitsflecken, die München eben auch einen vielschichtigeren Charakter verleihen würden. Die Teilnehmer*innen des im Februar 2020 veranstalteten Diskussionsabends „Make Munich Weird – Wege zu einer verrückten Stadt“ waren sich darin einig, dass die Stadt mehr Verrücktheiten braucht, um im Wettstreit mit anderen europäischen Großstädten nicht langfristig an Potential und Attraktivität zu verlieren. Aber ist das wirklich so – oder muss man vielleicht einfach nur ein bisschen genauer hinschauen, um die komischen, bizarren Orte der Stadt zu sehen?
Jeweils im Wintersemester machen sich Studierende im dritten Semester des Studiengangs Innenarchitektur der Akademie der Bildenden Künste München im Rahmen des Projekts „Looking for Weirdness“ auf die Suche nach Orten, die deren Auffassung nach als „weird“ bezeichnet werden dürfen – also als verrückt, schräg, merkwürdig, abgedreht, ungewöhnlich, unheimlich, schrullig, ulkig, gruselig, übernatürlich, ausgefallen, eigenartig, seltsam, komisch, sonderbar und/oder bizarr. Innerhalb der Klasse werden die im Stadtraum aufgefundenen Situationen intensiv diskutiert und deren räumliche Charakteristika herausgearbeitet. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der zeichnerischen Auseinandersetzung. Durch das geometrische Durchdringen jedes noch so kleinen Details kann die atmosphärische Wirkung der Orte verinnerlicht und greifbar werden. Das Medium der Zeichnung wird zu einer Form des Diskurses mit dem Vorgefundenen. Sie vermag so die unterschiedlichen Ebenen eines Ortes sichtbar werden zu lassen, etwa dessen Entwicklung in einem bestimmten Zeitraum oder wie er von seinen Nutzer*innen bespielt wird.
Die Findungen werden also mittels der Technik der Zeichnung dokumentiert. Zeichnung wird hier aber nicht als allein deskriptives Medium verstanden, das lediglich einen Istzustand transportiert, vielmehr ist sie spekulativer Akt und Dokument einer persönlichen Suche nach den Geschichten, die in die Orte eingeschrieben sind, nach Potentialen, die in ihnen schlummern. Die im Weird Munich Catalogue 1 versammelten Zeichnungen stammen von den Studierenden des dritten Semesters im Wintersemester 19/20: Fritz Buziek, Sanja Bülbül, Pia Fischer, Lena Frotscher, Shenqui Li, Ines Obwexer, Felix Richter, Lukas Schreiber.
Unterstützt wurde das Projekt durch die Lehrbeauftragten Caroline Perret und Friederike Daumiller.