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SSSSSSuzuki

Wie lässt sich Geschichte begreifen und aufarbeiten, ohne in veralteten oder festgefahrenen Narrativen zu verharren, abseits von Verklärung oder posthumer Instrumentalisierung? Jonas Höschls Arbeit SSSSSSuzuki wirft genau diese Frage auf. Die multimediale Installation basiert auf einem Relikt aus den 70er Jahren, das zufällig zu einem Symbol wurde: die Suzuki GS 750. Das Motorrad geriet 1977 in die Schlagzeilen, als zwei Mitglieder der RAF Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine Personenschützer von einem Exemplar eben dieses Modells aus erschoss und als dann zwei Wochen später eine Werbung mit dem Slogan „Sportskanone für Scharfschützen“ veröffentlicht wurde.


Im Zentrum von Höschls Installation steht die Suzuki selbst, deren Präsentation dem Display der RAF-Ausstellung im Haus der Geschichte Stuttgart nachempfunden ist. Auf der Rückseite befindet sich eine Video-Collage aus Bildern von Bauteilen, Bedienungsanleitung, Reparaturhandbuch und dokumentarischen Aufnahmen der Tat, Tatwaffe und des Tatorts. Einige Bilder, insbesondere die der Leichen oder vom Tatort, werden nur Millisekunden eingeblendet und wirken wie ein Versuch, das kollektive Unterbewusstsein zu adressieren. Diese Darstellung ist nicht nur eine Kritik an den Manipulationstechniken der Medien, sondern auch Kennzeichen des Dokusurrealismus, bei dem historische Elemente miteinander konfrontiert werden, um nicht offensichtliche Zusammenhänge anzudeuten.


Jonas Höschl nutzt auch weitere Quellen, wie das Treffen von Sartre und Baader, ein historisches Schreiben des BKA an gefährdete Politiker*innen und den Song „Point Of No Return“ von Gene McDaniels – aus der Filmmusik für „Scorpio Rising“ (1963), einem wichtigen Experimentalfilm für die Queer-Community–, um unterschiedliche Perspektiven auf die Geschehnisse zu ermöglichen: sowohl Opfer- als auch Täterperspektive, Medienreaktionen und staatliche Sicherheitsbemühungen.


Das Spannende an einem Relikt liegt in seinem zeitlichen Überdauern. In Höschls Installation bekommt die Suzuki einen mahnenden Charakter, nicht zuletzt aufgrund ihrer Aktualität. Das Bild von auf Motorrädern fahrenden Terroristen ist seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wieder präsent – genauso wie die Rechtfertigung von Terror. Die Installation erinnert zudem daran, dass bedeutende Vertreter*innen der RAF im palästinensischen Jordanien ihre Grundausbildung in Sprengstoffherstellung sowie in Schieß- und Kampftaktik erhielten und weist somit auf die Kontinuität antizionistischer Bestrebungen in der radikalen Linken hin.

 

Text: Annekathrin Kohout