Klasse Pamela Rosenkranz  |  Raum Altbau | A.O2.41

 

Die Ausstellung Mater Materia von Nadja Baschang alias Astoria Kandis beschäftigt sich ausgehend vom Material, mit den im Wort zu findenden Teilbereichen von „Mater“ (lat. Mutter) und „Materia“ (lat. Substanz, Gegenstand, Wesensbestandteil).

 

Sechsundzwanzig Steinzeugplatten unterschiedlicher Größe liegen auf einer Besprechungstischplatte auf einem gefundenen vermoosten- und verrostetem Metallgestell. In der Mitte befindet sich eine kopfgroße, verspiegelte Kugel, um welche sich die Platten im Prinzip des kosmischen Chaos ordnen.

Die Kugel stellt eine Referenz zu Kopernikus „De revolutionibus orbium coelestium“ (1543) und zur Entdeckung der Perspektive in der von bahnbrechenden Erfindungen und Pandemien geprägten Zeit der Renaissance und des flämischen Manierismus dar. Drei weitere Teller finden sich auf einem niedrigen Sockel an der Stirnseite des Tisches. Die glasierten Keramikplatten und Teller sind geprägt von Kittelschürzen, Dirndln und Spitzenvorhängen aus dem Familienerbe. Da Ton ein weiblich gelesenes und saugendes Material ist, wird es hier u.a. als Reinigungsmittel verwendet und um die animistisch im Material eingeschriebenen Lebenslinien und Erinnerungen und als Muster und Prägungen Weitergegebenes herauszulösen und teils zu konservieren, teils aufzulösen. Es kann als Manismus gelesen werden, bei welchem auch familientypische Kittelschürzenmuster der NAK* aufgegriffen und im künstlerischen Prozess einbezogen werden.

 

Durch die malerische Verwendung von Glasuren und Engoben entstehen oft überraschende Ergebnisse, weil ein und dieselbe Farbe auf unterschiedlichen Untergründen ganz unterschiedlich ausbrennen so z.B. Kristallgrün, welches auf dunklem Ton bleigrau erscheint, aber auf weißem kupferoxidgrün auskristallisiert. Die alchemistisch anmutenden Ergebnisse erhöhen die Spannung im nach Friedrich Schiller ästhetisch-spielerischem Prozess –als Mutter das Privileg zu besitzen, Matschkuchen zu backen– wenn die Fürsorge- und Erwerbsarbeit es zulässt. Die Einflüsse und Auswirkungen von Mutterschaft und der Corona-Pandemie wandelten die Praxis der Künstlerin. Mit Mater Materia gibt Nadja Baschang der Künstlerpersönlichkeit Astoria Kandis Raum, welche ursprünglich 2013 für Performances entwickelt wurde und definiert damit ihren künstlerischen Schaffensprozess als performativ.

 

Mater Materia bietet auch die Auseinandersetzung mit einer Critical Diversity Literacy **beispielsweise hinblicklich trendender Hashtags wie #tradwife und der Diskurs um Diskriminierung und Intersektionalität.

 

*Neue Augsburger Kantonfabrik
** nach Carmen Mörsch