Virale Infektion: Lysogener Datenzyklus
Die interaktive Robotikinstallation Virale Infektion ist mit dem Internet verbunden und untersucht das Reproduktionsverhalten digitaler Fragmente, die sich einer Körperwerdung annähern. Die Arbeit reflektiert, wie technologische Entwicklungen und automatisierte Algorithmen die Vermittlung von Wissen verändern.
In einer Zeit, in der Algorithmen nicht nur unser Konsumverhalten, sondern auch demokratische Prozesse lenken, stellt sie die Frage nach Kontrolle, Autonomie und den Risiken technologischer Verfügbarkeit. Die Installation ist ein Resultat aus viralen Daten (wie z.B. Videos und Social Media Posts) die in den letzten Jahren automatisiert auf mich eingewirkt haben. Ausgehend von biologischen Prozessen, handwerklichen Traditionen und Online-Tutorials entstanden Maschinen, die sich durch mich als Wirt weiterentwickeln und reproduzieren. Durch den Einsatz von traditionellen Handwerkstechniken, Open-Source-Technologien und selbst programmierten generativen Algorithmen entsteht ein Spannungsfeld zwischen materieller und immaterieller Emergenz.
Mittels Milchsäurefermentation und Thermal-Sensorik geht die Installation eine Symbiose zwischen technischer und organischer Materialität ein: Maschinennester produzieren den Biokunststoff, aus dem sie selbst bestehen und berechnen ihren eigenen Materialbedarf. Die Virus-Maschine überwacht ständig den Produktionsprozess und überträgt Aufgaben an den Wirt. Die Besucher*innen der Installation können mit ihrer eigenen Körperwärme die Messergebnisse des Roboters beeinflussen und den Reproduktionsprozess negativ beeinflussen, sie werden somit zu Antikörpern, die den Wirt schützen.
Über ein automatisiertes Onlinearchiv versucht das Werk weitere Wirt*innen zu infizieren und zur Reproduktion bzw. Maschinenproduktion zu ermächtigen. Das Archiv erweitert sich stetig und autonom, wobei es sich an den Inhalten orientiert, die ich während der Entwicklung der Installation konsumiert habe.
Was als beiläufiger Medienkonsum begann, hat sich zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf entwickelt, der die Grenzen zwischen Hersteller und Erzeugnis verwischt. Algorithmen schlagen vor, ich wähle aus, die Maschine transformiert. Die Installation stellt damit die Frage: Ist Wissen, das so gefiltert wird, noch universell? Oder sind wir Gefangene eines selektiven Prozesses, der unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit algorithmisch und unbewusst formt? Virale Infektion zeigt, dass komplexe Handlungen heute einer breiten Masse zugänglich sind – von der Gentechnik bis zur Robotik. Doch dieser Zugang ist mit Risiken verbunden, die diskutiert werden müssen.
Fotos: Pablo Lauf