El Buen Morir
Die Arbeiten von Sara Mayoral bewegen sich zwischen Vergänglichkeit, Erinnerung und Transformation. Ihre Praxis vereint Video, Skulptur, Fermentation und performative Elemente, wodurch eine Reflexion über Leben und Fragilität entsteht – zwischen biografischer Introspektion und universeller Zeitlichkeit.
Für ihre Diplomausstellung schafft Mayoral mit *El Buen Morir* eine Installation im Zeichen der Vanitas, die nicht nur visuell, sondern auch sinnlich erfahrbar ist. Ihr Werk lädt dazu ein, sich mit den Zyklen des Lebens auseinanderzusetzen – durch Nahrung, Ekel und Genuss. Statt den Tod zu betrauern, soll das Leben gefeiert werden. Zentrales Motiv ist ein Bankett aus üppigen Blumen- und Lebensmittelarrangements. Selbstgefertigte Tonpodeste tragen eine Bildsprache des Kreislaufs und Vergehens. Hängende Blumen, organische Glasobjekte und Zikadengeräusche verstärken die Atmosphäre. Viele Blumen stammen von einem Friedhof, wo Mayoral weggeworfene Blumen sammelte, um ihnen eine zweite Existenz zu verleihen. Die Zikaden symbolisieren Heimat.
Videoarbeiten ergänzen die Installation: Auf einem Bildschirm verbringt sie einen Tag mit ihrer noch lebenden Großmutter, auf einem anderen sieht man einen Friedhofsbesuch. Die einfache Kameraführung schafft Nähe. Die poetische Verdichtung dieser persönlichen Szenen balanciert zwischen Intimität und Abstraktion und lässt das Publikum an ihrer Familiengeschichte teilhaben.
Auch die sensorische Erfahrung spielt eine zentrale Rolle. Mayoral kreiert eigenen Vermúth, aromatisiert mit Blumen und Kräutern aus ihren prägenden Regionen: Ein heller Vermúth für Bayern, ein dunkler für Spanien. Dieser Fermentationsprozess verweist auf alchemistische Traditionen, in denen Wissenschaft und Kunst verbunden waren. Erinnerungen, Emotionen und Traditionen werden in Flüssigkeit eingeschrieben und konsumiert. Durch den Geschmackssinn und das wortwörtliche Verdauen des Kunstwerks werden Betrachter*innen untrennbar mit den verwendeten Materialien verbunden.
Ein Spannungsmoment entsteht durch das Nebeneinander von essbaren, in Zucker konservierten Blumen, schmackhaften Elixiren und verfallendem Essen. Die Inszenierung des Ekels verweist auf die gesellschaftliche Verdrängung des Verfalls. Der Kontrast zelebriert nicht nur den Tod, sondern konfrontiert mit dem Moment der Abjektion (nach Julia Kristeva), das uns an die Zerbrechlichkeit unseres Körpers erinnert. Mayoral fordert dazu auf, diesen Prozess nicht zu verdrängen, sondern anzunehmen.
Die Installation lässt sich neomaterialistischen Methoden zuordnen, die subjektive Grenzen auflösen. Die Betrachter*innen sind nicht nur Teilnehmende – ihre Interaktion mit den Materialien macht das Kunstwerk lebendig.
Text: Sabrina Ahm
Instagram: @saramaii