Das neu eingerichtete Forschungszentrum für Technoästhetik hat im Januar 2024 seine Arbeit aufgenommen. Angesiedelt in den Fachbereichen der Kunstgeschichte und Philosophie werden am Forschungszentrum aus einer interdisziplinären Perspektive künstlerische Verfahren im Zeitalter technisch-digitaler Reproduzierbarkeit untersucht.


Zur Eröffnung des Forschungszentrums gibt es am 9. Juli 2024 um 19 Uhr eine öffentliche Keynote von Prof. Dr. Hito Steyerl. Ein interner Workshop am folgenden Tag widmet sich dem Begriff der Technoästhetik aus einer historischen und interdisziplinären Perspektive.


Das Forschungszentrum für Technoästhetik an der Akademie der Bildenden Künste München untersucht künstlerische Verfahren im Zeitalter technisch-digitaler Reproduzierbarkeit hinsichtlich ihrer Geschichte und systematischen Bedeutung für aktuelle Diskussionen um Kunst und Ästhetik. Inwiefern haben seit dem Aufkommen von reproduzierenden Techniken, wie der Daguerreotypie, der Fotografie und dem Film, einerseits die parallele Genealogie künstlerischer und technischer Begrifflichkeiten und andererseits die Verschaltung beider Prozesse das Kunstverständnis grundlegend verändert? Und inwiefern verschieben sich Vorstellungen und Debatten technischer Reproduzierbarkeit von künstlerischen Arbeiten in Bezug auf das Digitale und stellen sich vor diesem Hintergrund neu dar?


Mit dem Begriff der Technoästhetik soll die wechselseitige Konstitution von Technik und Ästhetik adressiert und für die Kunst perspektiviert werden. Dabei werden einerseits technikphilosophische und (medien-)ästhetische Konzeptionen des Verhältnisses von Spontaneität und Automation sowie von Kreation und Reproduktion überdacht. Andererseits stellen sich Fragen nach der Verfasstheit des Kunstwerks heute unter anderen Vorzeichen, insbesondere vor dem Hintergrund der spezifischen Materialität digitaler Objekte und ihrer Existenz als Daten. Ein praxeologisch informierter Blick auf konkrete Praktiken und eingesetzte Techniken kann hierbei nicht nur auf sich verändernde medientechnologische Bedingungen reagieren, sondern diese auch hinsichtlich ihrer Interdependenzen mit künstlerischen Verfahren befragen. Dies bedeutet neben einer systematischen Begriffsarbeit, den Fokus auch auf künstlerische Arbeiten und Phänomene selbst zu richten, in denen Techniken und Technologien nicht nur thematisch werden, sondern diese zugleich auch bedingen oder hervorbringen: Vom Ready-Made und der Appropriation Art über prozessuale und generative Kunst bis hin zur künstlerisch-forschenden Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz. Künstlerische Positionen sollen dabei weniger gattungslogisch historisiert, sondern als je spezifische Verhandlungsformen technoästhetischer Fragen in der Kunst selbst verstanden werden.


Die institutionelle Verortung an der Akademie der Bildenden Künste München ermöglicht die Untersuchung technoästhetischer Phänomene im engen Austausch zwischen zeitgenössischer künstlerischer Praxis und theoretischer Forschung. Angesiedelt in den Fachbereichen der Philosophie und Kunstgeschichte werden Fragen zur Verflechtung von künstlerischen und technischen Verfahren historisch und systematisch bearbeitet. Dies umfasst in den einzelnen Forschungsprojekten eine eingehende Auseinandersetzung mit digital-kulturellen und medientechnologischen Entwicklungen, den Verschiebungen von Identitätszuweisungen im digitalen öffentlichen Raum, der Materialität digitaler Artefakte sowie Neuverhandlungen des Organischen, Anorganischen und Technischen. Es sollen gezielt auch queer-feministische, rassismus- und antisemitismuskritische Perspektiven Eingang finden, um exkludierende und ideologische Dimensionen von Repräsentationen und Darstellungsweisen sowie von Techniken und Technologien zu diskutieren und zugleich auch deren sozialen und politischen Potenziale herauszuarbeiten.


Neben der thematischen Bearbeitung an den beteiligten Fachbereichen organisiert das Forschungszentrum öffentliche Tagungen, Workshops, Vorträge und Lehrveranstaltungen zu technoästhetischen Fragen.


Die Personen im Forschungsprojekt Technoästhetik:

 

Fachbereich Kunstgeschichte
Prof. Dr. Florian Matzner | Lehrstuhl für Kunstgeschichte
Prof. Dr. Dietmar Rübel | Lehrstuhl für Kunstgeschichte
Olivia Liesner, M.A. | Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Technoästhetik
Sarah Sigmund, M.A. | Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Technoästhetik

Fachbereich Philosophie
Prof. Dr. Maria Muhle | Lehrstuhl für Philosophie | Ästhetische Theorie
Prof. Dr. Marina Martinez Mateo | Juniorprofessur für Medien- und Technikphilosophie
Amelie Buchinger, M.A. | Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Technoästhetik
Lorenz Mayr, M.A. | Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Technoästhetik