Jahresthema 2018/19: „Human after Man“


Von der Normierung des Menschen zu alternativen Formen des Humanum
(De-)Konstruktionen des Menschseins in Design und Architektur
(auch Modul B.06.09 und FK-T2)
Karianne Fogelberg, M. A.

Raum E.ZG.04, Akademiestr. 4
Zeit Dienstag 10.30–12.30 Uhr, Beginn: 23.10.2018, weitere Termine (wöchentlich) 30.10., 06.11., 13.11., 20.11., 27.11.,
04.12., 11.12., 18.12.2018, 15.01.2019, 22.01., 29.01.
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Nach der jamaikanischen Autorin und Philosophin Sylvia Wynter liegt das Problem des Humanum in den
Artikulierungen dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein. Design und Architektur bringen machtvolle
Artikulierungen der westlichen Vorherrschaft hervor, deren unheilvoller Einfluss darin liegt, dass sie nur selten
als solche wahrgenommen werden. Die Gestaltungsdisziplinen haben dazu beigetragen, das Menschsein zu
vermessen, zu normieren und zu naturalisieren, und im Zuge dessen alle diejenigen, die von dem Ideal des
westlichen weißen Mannes abweichen, auszuschließen.
In Design und Architektur galt der Mensch stets als Maß der Dinge. Die Ideen der Moderne prägten in der
westlichen Hemisphäre das Bild eines „neuen Menschen“, das im Verlauf des 20. Jahrhunderts fortwährend
erneuert wurde und bis heute in unseren materiellen und digitalen Umgebungen sowie Denk- und
Handlungsweisen gegenwärtig ist. Im Design, seinen Artefakten, Systemen und Praktiken manifestiert sich, wovor
Wynter warnt: Wir sind in einem Wissenssystem gefangen, welches darin scheitert zu erkennen, dass die
Erzählungen über das, was es bedeutet, Mensch zu sein, konstruiert sind.
Das Seminar untersucht zunächst, wie Industrialisierung und Serienproduktion die Normierung des Menschseins
vorangetrieben haben, und welche Anfechtungen das vorherrschende Menschenbild in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts erfahren hat. Im Weiteren analysieren wir, wie die angebliche Sonderstellung und Universalität des
Menschen vor dem Hintergrund aktueller dekolonialer und posthumanistischer Diskurse in der Designtheorie und
-praxis kritisch reflektiert werden, und mit welchen Strategien und Mitteln der Versuch unternommen wird, sich
von den dominanten Konstruktionen loszusagen und alternative Formen des Humanum zu entwerfen.

 



Cyborg oder ‚Minion’, Dividuum oder planetarische Kreatur?
Menschenbilder in Populärmedien, bildender Kunst und Theorie der Gegenwart

(auch Modul D.05.09 und FK-T3)
Dr. Susanne Witzgall

Raum
E.O1.23, E.O2.29 (13.11.), Akademiestr. 4
Zeit Dienstag 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 23.10.2018, weitere Termine: 30.10., 13.11., 20.11., 27.11., 04.12., 11.12.,
18.12.2018, 15.01.2019, 22.01., 29.01.
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„Der Anbruch des Anthropozäns nötigt uns dazu nicht nur zu fragen, ‚Was zum Teufel wir tun?’, sondern sogar
noch grundlegender zu fragen ‚Was zum Teufel wir sind?’, bemerkte erst kürzlich die amerikanische
Politikwissenschaftlerin Karen Liftin. Sie reiht sich damit in die Stimmen anderer Theoretiker*innen ein, die vor
allem das westlich-humanistische Konzept des Menschen als Legitimation vielfältiger diskriminierender
Hierarchisierungen und Ausbeutungsstrategien der Vergangenheit ansehen und deshalb eine aktuelle
Neubestimmung des Menschen fordern. Das Seminar untersucht transdisziplinäre und dekoloniale Ansätze dieser
Neubestimmung und setzt sie in Bezug zu Manifestationen aktueller Menschenbilder in der Bildenden Kunst und
den Populärmedien der Gegenwart. Die erste Hälfte des Seminars wirft dabei einen Blick zurück auf die
vielfältigen Krisen und Redefinitionen des Menschenbildes nach 1945, die auf die heutigen hinführen und sich
doch klar von diesen unterscheiden: auf die Diskussionen um den Verlust des Menschenbildes in der
Nachkriegszeit, die ‚Reparaturversuche’ des Menschenbildes im Postkolonialismus, die technischen
Erweiterungsphantasien des Menschen im Cyberpunk oder die genetischen und digitalen Rekreationen des
Menschen im Posthumanismus der 1990er Jahre.
Ausgehend von einer kritischen Lektüre von Hans Beltings Aufsatz „Das Menschenbild als Körperbild“ stellt das
Seminar außerdem immer wieder die Frage nach dem Verhältnis von Repräsentation und Idee des Menschen und
lotet die potentiellen Beziehungen zwischen einer Krise des Bildes und derjenigen eines westlichen
Verständnisses des Menschen aus. Neben einschlägigen theoretischen Positionen (darunter Texte von Frantz
Fanon, Donna Haraway, Maurizio Lazzarato, Rosi Braidotti, Ursula K. Heise und Sylvia Wynter) analysieren wir
künstlerische Arbeiten von Francis Bacon über Genesis Breyer P-Orridge bis hin zu Mika Rottenberg und Josh
Kline sowie Kinofilme von „Terminator I“ bis „Shape of Water“.



Afrofuturismus JETZT: Soundscapes, Klang-Mensch-Maschinen und andere nicht-westliche Technik-Imaginationen
(auch Modul C.01.09 und FK-T4)
Prof. Dr. Marietta Kesting

Raum A.EG.01, E.O1.23 (05.12. und 30.01.), Akademiestr. 2–4
Zeit Mittwoch 14.00–18.00 Uhr, 14-tägig, Beginn: 24.10.2018 (Einführung),
weitere Termine 14.11., 21.11., 05.12., 19.12.2018, 16.01.2019, 30.01.
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“Machines in these [19th century] texts operate as a metonym for blacks, just as during slavery blacks were
metonyms for labor, technology and … all that occupies the liminal space among primary conceptual categories
such as human, animal, and machine.“ (Louis Chude-Sokei).
„Afrofuturismus“ bezeichnet ein ästhetisches Genre, das vor dem Hintergrund des anhaltenden Rassismus’ der
1950er Jahre in den Vereinigten Staaten in afro-amerikanischer Literatur und Musik entworfen wurde.
Mittlerweile umfasst dieses Genre eine Vielzahl interkontinentaler Transfers von Ideen, Formaten, Stilen und
Sounds zwischen Afrika, der Karibik, USA sowie Europa. Science-Fiction und Techno-Poetik sind dabei
angewandte Strategie und Methode, die Gegenwart zu kritisieren und eine radikal andere Zukunft zu entwerfen,
die Aliens, Androids und andere post-humane Wesen miteinbezieht. Gleichzeitig lassen sich genau in diesem
Ansatz Verbindungen zu feministischen Spekulationen ausmachen, wie z. B. zu Donna Haraways „multi-species“-
Narrativen oder auch Saidiya Hartmans „critical fabulations“, letztere rekonstruiert postkoloniale Geschichte/n.
Das Seminar untersucht Positionen aus Kunst, Film, Literatur und insbesondere die diasporischen Soundgewebe
des Black Atlantic: Viele afrofuturistische Positionen drücken sich nicht allein durch Texte und Bilder, sondern
primär durch Musik unterschiedlicher Stilrichtungen wie Rap, Free Jazz, Dub, Kwaito und Gqom aus und
benutzen diese als affizierendes Kommunikationsmittel. Wie werden in diesem Kontext menschliche Körper, die
mit technischem Equipment Sound produzieren oder diese durch Tanz verkörpern Teil einer maschinistischen
Assemblage? Und wie transportieren diese Formate Widerstand, erweitern die Grenzen des Sicht- und Sagbaren,
und unterbrechen kanonische Wissensordnungen und schaffen somit andere – auf Oralität und Klang basierende
– Archive? Neben prominenten Vertreter*innen wie Sun Ra, Alice Coltrane, George Clinton, Octavia Butler,
Samuel Delaney, Paul Gilroy, Kodwo Eshun werden insbesondere aktuelle Arbeiten von Arthur Jafa, Joseph Kahlil,
Thenjiwe Niki Nkosi, Pamela Phatsimo Sunstrum, und Jean-Pierre Bekolo analysiert. Forschungsfragen lauten:
Wie werden im Afrofuturismus die Verhältnisse von Herr-Sklave, Tier-Maschine, und Roboter-Cyborg verschoben?
Welches spekulative Wissen wird konstruiert und welche normativen Ordnungen werden subversiv umgekehrt?
Welche anderen Zukünfte werden dadurch vorstellbar? Politisch gewendet: was sind die historischen und
aktuellen Verbindungen zwischen Afrofuturismus und Bewegungen wie Black Lives Matter? Zentral ist hier das
immer noch dominante, mediale Bild staatlicher Überwachungsregime, die die schwarzen Körper als „gefährliche“
oder „prekäre“ Andere konstruiert und als Gegenreaktion die Imagination freier, vermögender Körper – gleichwie
in „outer space“, Unterwasser oder als fantastische Superheld*innen.



Kolloquium zum aktuellen Kunst-Wissenschafts-Diskurs

Dr. Susanne Witzgall

Raum A.EG.01, E.O1.23 (04.10., 06.12.), Akademiestr. 2–4
Zeit Donnerstag 18.00–19.30 Uhr, Termine: 04.10., 25.10., 08.11., 22.11., 06.12.
(weitere Termine werden vor Ort vereinbart)
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Unterrichtssprache: Deutsch und Englisch

Angeregt durch die – von Studierenden der Akademie der Bildenden Künste initiierte – interdisziplinäre
Projektklasse „SFB42“ sollen im Rahmen dieses Kolloquiums zentrale Texte diskutiert werden, die für den
gegenwärtigen Dialog von Kunst und (Natur)wissenschaften von Bedeutung sind. Diese schließen nicht nur Texte
mit ein, die derzeit von vielen transdisziplinär arbeitenden Künstler*innen rezipiert werden (z. B. Aufsätze von
Hans-Jörg Rheinberger oder Autor*innen des Neuen Materialismus), sondern auch solche, die transversale,
diffraktive oder dekoloniale Methodologien propagieren (Felix Guattari, Karen Barad, Linda Tuhiwai Smith). Ziel
des Kolloquiums ist es, über die gemeinsame Analyse dieser Texte ein offenes Forum zu schaffen, in dem das
grundsätzliche Verhältnis sowie Differenzen und Ähnlichkeiten von Kunst und Wissenschaften, aber auch ein
mögliches Aufbrechen von konventionellen Wissenskategorien und ein Durcheinanderhindurchdenken von
künstlerischen und wissenschaftlichen Weltzugängen diskutiert werden können.