Geschichte Maltechnik

„Der leitende Gedanke meiner Vorträge ist: Engste Anlehnung an die Praxis, bei möglichster Übereinstimmung mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung“

Max Doerner, 1921

 

Die Studienwerkstatt Maltechnik wurde 1946 nach dem Vorbild der Kunstgewerbeschule im Zuge der Zusammenlegung der beiden Hochschulen nach dem zweiten Weltkrieg eingerichtet. Ihre Inbetriebnahme erfolgte allerdings erst 1950 als der für die Leitung vorgesehene Maler Hans Straub aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war. Straub hatte bei Professor Josef Hillerbrand an der Kunstgewerbeschule studiert und leitete die Werkstatt bis 1976. Sein Nachfolger wurde Gebhard Schmidl, ein ehemaliger Akademiestudent in der Klasse von Professor Franz Nagel, der die Werkstatt bis 1994 leitete. 1995 hat Kathrin Kinseher als Gemälderestauratorin die Leitung der Studienwerkstatt für Maltechnik übernommen.

 

Mit dem Werkstattmodell begann, wie der folgende geschichtliche Rückblick zeigt, eine neue Phase des maltechnischen Unterrichts an der Akademie:

 

Im 19. Jahrhundert war die Vermittlung technologischer Grundkenntnisse eingebunden in das dreistufige Ausbildungsmodell von Zeichenklasse, Malklasse und Komponierklasse. In der sogenannten vorbereitenden Malklasse, „in welcher ein eigens zu diesem Zwecke angestellter Lehrer die ihm zugewiesenen Schüler in der gesamten Technik des Malens nach der Natur wie nach Gemälden zu unterrichten und zu leiten hat“, wurden Kenntnisse des Bildaufbaus und der Malmaterialverwendung unmittelbar durch Praxis und Korrektur gesammelt (Verfassung der Akademie, in: Eugen v. Stieler: Die königliche Akademie der bildenden Künste zu München. Festschrift zur Hundertjahrfeier. München 1909, S.109.).

 

Gleichwohl gewann im Laufe des 19. Jahrhunderts die wissenschaftliche Erforschung von Malmaterialien und der Technologie von Malerei immer mehr an Bedeutung. München kam in dieser Entwicklung eine führende Rolle zu, in die auch die Akademie involviert war.

 

Auf Initiative des Akademieprofessors Wilhelm v. Lindenschmit begann der Augsburger Keramiker und Chemiker Adolf Wilhelm Keim 1882 eine „Versuchsstation und Auskunftsstelle für Maltechnik“ im Neureutherbau der Kunstakademie einzurichten. Teil der Versuchsstation waren eine Materialiensammlung und Fachbibliothek. In der von Keim 1884 gegründeten Zeitschrift „Technische Mitteilungen für Malerei“ erging regelmäßig ein Aufruf an Erfinder, Fabrikanten und Kaufleute, Proben an die Akademie zu schicken. Schon 1886 umfasste die Sammlung zahlreiche Muster von 52 verschiedenen Einsendern.

 

Zur ideellen und finanziellen Unterstützung der Versuchsstation wurde die „Deutsche Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren“ 1886 gegründet. Als Gründungsmitglieder waren aus dem Kollegium der Akademie der damalige Rektor Karl v. Piloty und die Professoren Ludwig v. Löfftz, Alexander v. Liezen-Mayer und Wilhelm v. Lindenschmit vertreten. Bis 1890 war Lindenschmit erster Vorsitzender der Gesellschaft, gefolgt von Franz v. Lenbach und einem weiteren Akademieprofessor Carl von Marr, der von 1905 bis 1909 Vorsitzender der Gesellschaft war.

 

Die Gesellschaft hatte es sich zum Ziel gesetzt, die technologische Forschung auf dem gesamten Gebiet der Malerei zu fördern. Dazu sollte die staatliche Einrichtung einer Versuchsanstalt für Maltechnik genauso gehören wie die Durchführung maltechnischen Unterrichts an Kunstschulen und Akademien, sowie die Qualitätsverbesserung und Kontrolle handelsfertiger Malmaterialien.

 

Zu den wichtigsten Aktivitäten der Gesellschaft zählten die Veranstaltung einer Ausstellung für Maltechnik 1893 im Münchner Glaspalast und ein viertägiger Kongress im Kunstgewerbehaus. Gut ein Jahrzehnt danach konnte die Gesellschaft 1906 die endgültige staatliche Einrichtung der Versuchstation als Erfolg verzeichnen. Allerdings fand diese sich nicht an der Akademie, sondern an der Königlichen Technischen Hochschule München, wo sie schon seit 1903 untergebracht war. An der Akademie unterhielt die Gesellschaft weiterhin einen Raum „zum Zwecke unentgeltlicher Auskunftserteilung über maltechnische Fragen“, in dem ihre Mitglieder wöchentlich Sprechstunden abhielten. Kunststudenten der Akademie sollten die Vorträge von Professor Alexander Eibner, dem Leiter der Versuchsanstalt für Maltechnik an der Technischen Hochschule besuchen. Abgesehen von diesen Vorträgen und einzelnen Lehraufträgen wurde an der Akademie erst 1911 ein dauerhafter Maltechnikunterricht eingerichtet. Im Vergleich zu Wien und Berlin fand damit die maltechnische Ausbildung an der Münchner Akademie erst relativ spät ihren Platz im Curriculum des Lehrbetriebs.

 

Max Doerner (geb.1870), der an der Akademie bei Wilhelm v. Diez studiert hatte und auch als erster Vorsitzender der Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren tätig war, erhielt den Lehrauftrag. Doerners langjährige Lehrtätigkeit wirkte wegweisend für die Vermittlung maltechnischer Theorie und Praxis an der Akademie und stärkte das Fach in seiner Bedeutung. Als Resultat seiner Forschungen und Vorträge publizierte er 1921 das Buch „Malmaterial und seine Verwendung im Bilde“. Max Doerner wurde daraufhin zum Professor ernannt und seine Position zwei Jahre später durch die Einrichtung eines Lehrstuhls für „Maltechnik und Malmaterialienkunde“ gefestigt.

 

Ab 1937 trat Doerner in Doppelfunktion als Akademieprofessor und Leiter der unter der nationalsozialistischen Regierung von der Reichskammer der Bildenden Künste errichteten und nach ihm benannten „Reichsanstalt für Maltechnik“ auf, die sich in unmittelbarer Nähe der Akademie, Leopoldstraße 3, befand.

 

Nach Doerners Tod 1939 wurde Toni Roth (geb. 1899) vorübergehend stellvertretender Leiter des Doerner Instituts und außerordentlicher Professor auf dem Lehrstuhl für Maltechnik. 1949 wurde er in den Ruhestand versetzt. Toni Roth hatte bei Angelo Jank, Hugo v. Haberman, Carl v. Marr und Max Doerner studiert. Bis zu seinem Tod 1971 bearbeitete er die Neuauflagen des Doerner Handbuchs. 2007 erhielt die Akademie aus seinem Nachlass zahlreiche Bände maltechnischer Literatur. Sein archivarischer Nachlass ging an das Doerner Institut.