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DFG-Forschergruppe Medien und Mimesis (FOR 1867)

 

Die Forschergruppe untersucht die Kulturtechnik der Mimesis vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Medienforschung. Dabei geht das Vorhaben über die in den Kultur- und Literaturwissenschaften ebenso wie in der Philosophie bislang dominierende ästhetische und epistemische Betrachtung der Mimesis hinaus und stellt das geschichtsphilosophische Selbstverständnis der Moderne als eine grundlegend amimetische kulturelle und soziale Formation infrage. Mimesis und imitatio werden nicht länger in die Perspektive einer zu überwindenden Vorgeschichte der Idee des schöpferischen Menschen und seiner Werkherrschaft gestellt. Anstatt die Mimesis in einen Gegensatz zur modernen Technik und der auf ihr beruhenden Zivilisation zu manövrieren und sie als mit dem konstruktivistischen Selbstverständnis der Neuzeit grundsätzlich unvereinbar anzusehen, verfolgt das Projekt auf unterschiedlichen Ebenen die kultur- und sozialitätskonstitutive Funktion mimetischer Praktiken.

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Kooperationsprojekt hat zum 1. April 2014 an den Universitäten Weimar, Bochum, Akademie der Bildenden Künste München, Frankfurt am Main, Basel und Zürich seine Arbeit aufgenommen.

 

 

Teilprojekt "Mimetische Existenzweisen"

 

Prof. Dr. Maria Muhle (Akademie der Bildenden Künste München)

Prof. Dr. Friedrich Balke (Ruhr-Universität Bochum, Institut für Medienwissenschaft)

Elisa Linseisen (Ruhr-Universität Bochum, Institut für Medienwissenschaft)

Sebastian Althoff (Akademie der Bildenden Künste München)

 

 

Teilprojekt "Mindere Mimesis" (2014-2017)

 

Prof. Dr. Maria Muhle (Akademie der Bildenden Künste München)

Prof. Dr. Friedrich Balke (Ruhr-Universität Bochum, Institut für Medienwissenschaft)

Dr. Hanna Engelmeier (Ruhr-Universität Bochum, Institut für Medienwissenschaft)

Dr. Stefan Apostolou-Hölscher (Akademie der Bildenden Künste München)

 


Der im Teilprojekt verhandelte Begriff von Mimesis, der als eine Mimesis des Kleinen, des Unteren oder des Minderen umschrieben werden soll, erweitert die Mimesis dahin gehend, dass es keineswegs allein übermächtige Phänomene religiöser Art sind, die mimetische Darstellungstechniken erfordern, sondern ebenso inframächtige: ‚infame‘ oder ‚infime‘ Phänomene, für die kein kultureller Code existiert oder die sich als Effekte einer parasitärreproduktiven Aneignung und ‚Entleerung‘ kulturell etablierter Darstellungsformen beschreiben lassen. Die Fragestellung der minderen Mimesis entfaltet sich historisch und systematisch zwischen zwei Polen. Zum einen geht es um eine Rekonstruktion zentraler Etappen der Geschichte einer kultur- und medienkritischen Verwerfung oder uneingestandenen Verwendung minderer Mimesis. Zum anderen wird gezeigt, dass eine zunehmende Revalorisierung minderer Mimesis mit spezifischen Entwicklungen auf dem Feld der Erfindung und Durchsetzung neuer analoger Medientechniken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts korreliert und wie die mindere Mimesis dann zu einem zentralen medienästhetischen und medientheoretischen Faszinosum und Theorieprogramm wird. Dabei lassen sich drei Etappen einer Krisen- und Faszinationsgeschichte minderer Mimesis unterschieden: von der ästhetischen und metaphysischen Zurückweisung des Nachahmungsbegriffs im Zeichen von Autonomie- und Genieästhetik um 1800 über die verschärfte Pathologisierung und Politisierung minderer mimetisch-assimilatorischer Praktiken im Verlauf des 19. Jahrhunderts bis hin zu ihrer medienästhetischen und medientheoretischen Revalorisierung. Ziel ist der Entwurf einer Genealogie der Formen minderer Mimesis. Das ‚Mindere‘ soll als missing link einer Zusammenführung von Mimesis- und Medientheorie sichtbar werden, die sich auf den drei unterschiedlichen Problemfeldern der antimimetischen Verwerfung, der medientechnologisch induzierten inframimetischen Mimesis sowie der hypermimetischen ‚Nachstellung‘ in den unterschiedlichen Strategien des filmischen Reenactments manifestiert.