Projektklasse der Künstlerin Nora Schultz

Jahresthema „Die Gegenwart der Zukunft”

Sommersemester 2015

 

Filtersysteme. „Fluchtwege“ aus der Enge eines „Jetzt“

Raum A.UG.24, Akademiestr. 2
Zeit 13.04.–17.04. und 01.06.–12.6.2015 (ganztägig)

 

Nora Schultz' Projektklasse „Filtersysteme“ geht von den beiden unterschiedlichen „Funktionen“ der Entität „Künstler*in“ aus: sie ist zum einen wahrnehmender informationsspeichernder Apparat, und zum zweiten ein*e Produzent*in, die gefilterte und transformierte Informationsmasse in ihre kulturellen Objekte verwandelt. Dieses Verhältnis soll im Hinblick auf die Frage untersucht werden, wie unterschiedliche Filtersysteme die künstlerische Arbeit beeinflussen, aber auch autonomisieren können. Das Innen und Außen einer künstlerischen Vorgehensweise soll in den Fokus gerückt werden. Stichworte wie Recycling, Halbwertszeit, Verfall und Kompost spielen ebenso eine Rolle wie die nicht-materiellen Seiten des künstlerischen Prozesses: Sprache, Gedanken und Diskurs.

 

Filter können etwa temporäre Trends sein, die künstlerische Entscheidungen beeinflussen, reale materielle Haltbarkeit der (auch psychischen) Materialeigenschaften oder andere temporäre materielle Zwangsbedingungen. Aber auch immaterielle künstlerische Bedingungen wie die Autorschaftsfrage, oder die Differenz zwischen innerer und äußerer Sprache, die wie eine Meta-Ebene die Produktion begleiten, können diese stark beeinflussen. Filtersysteme können hilfreich sein dabei das Dilemma der Synchronisierung dieser widersprüchlichen Anforderungen des Innen und Außen zu überwinden, wenn sie beispielsweise als Fiktion und imaginierte zeitliche Dimension in die Arbeit einbezogen werden. In dieser produktiven Form helfen sie nicht nur den Blick, das Material und die Sprache über die Produktion selbst mitzubestimmen, sondern könnten auch als zentraler Teil des Werks eine Möglichkeit darstellen, Identitäten des/der Künstler/in schon während des Schaffensprozesses zu verorten, „Fluchtwege“ aus der Enge eines „Jetzt“ zu finden.

 

Die Projektklasse ist medienübergreifend ausgerichtet. Ausgehend von den Arbeiten der Studierenden soll eine Installation entstehen, die in verschiedenen Stadien dokumentiert wird. Die prozessorientierten Momentaufnahmen sollen zu einer Publikation im Fanzine-Format, zu Postern oder „semi-dokumentarischen“ Videos zusammengefügt werden. Insofern sind die teilnehmenden Studierenden aber auch ihre Werke als die Protagonist*innen einer fiktiven, sich fortschreibenden Geschichte zu verstehen, die möglicherweise erst in der Zukunft zu ihrer eigentlichen Form findet, und sich so im Spannungsverhältnis zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verortet.

 

Die Künstlerin Nora Schultz, geboren 1975 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Berlin und New York. Sie studierte von 1998 bis 2005 an der Frankfurter Städelschule Film und Malerei und 2005 mit dem Ermenegildo Zegna Auslandsstipendium einen Sommer lang im MFA Programm des Bard College an der Milton Avery Graduate School of the Arts in New York. Im Jahr darauf nahm sie an der Sommerakademie im Zentrum Paul Klee in Bern teil. Zu ihren weiteren Auszeichnungen zählen der Villa Romana-Preis (2011) in Florenz und das Stipendium der Stiftung Kunstfonds (2012). 2011 unterrichtete die Künstlerin ein Semester lang als Vertretung für Prof. Ernst Caramelle an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Ihre Arbeiten wurden bereits mehrfach gezeigt, unter anderem im Rahmen von Einzelausstellungen wie Stative auf der Flucht in der Galerie Isabella Bortolozzi in Berlin (2013), Rug Import bei Campoli Presti in London (2013) und Parrottree - Building for Bigger Than Real in der Renaissance Society, Chicago (2014).