Im Workshop soll es darum gehen, einen ersten Zugang zum philosophischen Begriff der Einbildungskraft zu gewinnen. In der Geschichte der Philosophie hat dieser Begriff seine „Blütezeit“ um 1800 gehabt, oder genauer: in der Zeit des deutschen Idealismus. Charakteristisch für diese Epoche ist eine enorme Aufwertung der Einbildungskraft mit Blick auf die Möglichkeit von Erfahrung und Wissen überhaupt. Die These, die dabei im Zentrum steht, ist die These von der wesentlichen Funktion der Einbildungskraft in der Erkenntnis des Wirklichen. Einschlägig für diese These ist Kants Kritik der reinen Vernunft (1781). Anhand einiger Passagen aus dieser Schrift – und einiger Szenen aus einer aktuellen Fernsehserie – wollen wir versuchen, die zentralen Pointen von Kants Idee der realitätskonstitutiven Funktion der Einbildungskraft nachzuvollziehen. Im Mittelpunkt werden dabei die „schematisierende“ und die „ästhetische“ Spielart der Einbildungskraft stehen; sofern noch Zeit ist, werden wir danach noch einen Blick auf Hegels Theorie der „Phantasie“ werfen.

 

Textgrundlage:

Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (1781/1787), Hamburg: Meiner 1956: „Die transzendentale Ästhetik“, § 1, B 33-36; „Idee einer transzendentalen Logik: Von der Logik überhaupt“, B 74-76 (nur die ersten zwei Absätze); „Vom logischen Verstandesgebrauche überhaupt“, B 92-94; „Von den reinen Verstandesbegriffen überhaupt“, § 10, B 102-105; „Von der transzendentalen Urteilskraft überhaupt“, B 171-175; „Von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe“, B 167-187.

Als Hintergrundlektüre:

Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (1790), in: Werkausgabe, Bd. 10, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1974, §§ 6-9 („Zweites Moment des Geschmacksurteils“), B 18-32.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1830), Hamburg: Meiner 1991: 3. Teil (Philosophie des Geistes), I. Der subjektive Geist, C. Psychologie, a. Der theoretische Geist, §§ 445-460, S. 359-374.

Dirk Setton lehrt Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und ist Postdoc am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Er arbeitet zu Kants kritischer Philosophie, zum Verhältnis von Freiheit und Normativität, zu Theorien des Bildes und der Einbildungskraft sowie zu den Begriffen der Irrationalität und des Selbstbewusstseins. Zuletzt ist von ihm erschienen: Unvermögen. Die Potentialität der praktischen Vernunft (diaphanes 2012).