Jahresthema „Human after Man“
Interdisziplinäre Vortragsreihe (WS 2018/19)

 

7. Mai 2019

Menschsein dekolonialisieren

Alexander G. Weheliye

 


Alexander Ghedi Weheliye
ist Professor für African American Studies an der Northwestern University, in Evanston, Illinois, USA. Zu seinen Forschungsgebieten gehören afro-diasporische Literatur und Kultur, kritische Theorie, soziale Technologien und Populärkultur. Er ist der Autor von Phonographies: Grooves in Sonic Afro-Modernity (Duke University Press, 2005), das mit „The Modern Language Association’s William Sanders Scarborough Prize for Outstanding Scholarly Study of Black American Literature or Culture” ausgezeichnet wurde, und Habeas Viscus: Racializing Assemblages, Biopolitics, and Black Feminist Theories of the Human (Duke University Press, 2014). Derzeit arbeitet er an einem neuen Buch, Feenin: R&B’s Technologies of Humanity, in dem er die innige Beziehung zwischen Rhythm & Blues-Musik und Technologie seit Ende der 1970er Jahre untersucht, und an einer Studie über das Schwarz-Sein als entgeschlechtlichte Ontologie der Nicht-Zugehörigkeit. Weheliyes Aufsätze wurden in englischer und deutscher Sprache veröffentlicht, unter anderem in den Anthologien Black Europe and the African Diaspora (2009), Wie Rassismus aus Wörtern spricht: (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache (2011), The Oxford Handbook of Mobile Music Studies (2014), und re/visionen: Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland (2016). Eine Auswahl seiner Veröffentlichungen ist hier einzusehen: http://bit.ly/13uHdOa

 

 

 

 

Jahresthema 2018/19: „Human after Man“

 

Menschsein anders gestalten

Gebrauchsanweisung für eine dekoloniale Designpraxis

Theorieseminar mit Workshop

(auch Freie Kunst FK-T2, Kunstpädagogik Modul B.06.09)

Karianne Fogelberg, M. A.

 

Raum E.ZG.04, Akademiestr. 4

Zeit Dienstag 10.30–12.30 Uhr, Beginn: 30.04.2019 (Einführung, verbindliche Anmeldung),

weitere Termine (wöchentlich) 07.05., 14.05., 21.05., 28.05., 04.06. (Theorie), 11.06. (Workshop-Auftakt 10.30–16.30 Uhr), 25.06., 02.07. (Zwischenbesprechungen), 09.07. (Endpräsentation)

Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Die derzeitige Neubestimmung des Menschlichen muss sich auch in den gestaltenden Disziplinen vollziehen. Wie kann eine Art Gebrauchsanweisung für eine dekoloniale Designpraxis aussehen? Wir beginnen das Seminar mit einer Bestandsaufnahme und untersuchen am Beispiel von „kolonialen Hotspots“ der gestalterischen Praxis, wie Design und Architektur stets auch Menschen hierarchisiert und marginalisiert haben (mit Texten von u.a. Jos Boys, Elizabeth Dori Tunstall, Paul B. Preciado, Mahmoud Kesvaharz). Selbst Ansätze wie die humanitäre Architektur oder universelles Design, die sich gegen diesen Missstand wenden, beruhen oft unhinterfragt auf dem vorherrschenden Menschenbild, das den westlichen weißen Mann als Idealstandard vorgibt, und setzen ausgrenzende Praktiken so ungewollt fort.

 

Im zweiten Teil des Seminars wollen wir eigene Texte generieren, mit dem Ziel, ein Kompendium für eine dekoloniale Designpraxis zu schaffen, das für den Versuch einer Neubestimmung des Menschlichen mit und durch Gestaltung richtungsweisend sein könnte. Wir beginnen mit einem 3/4-tägigen Workshop, in dem wir zunächst eine aktuelle Auswahl alternativer Handlungsansätze untersuchen, die Designer*innen und Architekt*innen in Form von Handbüchern veröffentlicht haben, um ihrer jeweiligen Disziplin die dringend benötigten Werkzeuge und Strategien an die Hand zu geben (z.B. „Who Builds Your Architecture. A Critical Field Guide“; „An Age-friendly Handbook for the Urban Practitioner“): Welche alternativen Formen des Menschseins liegen ihnen zu Grunde, und mit welchen formalen und inhaltlichen Mitteln arbeiten sie? Auf diese Analyse folgend erarbeiten und konzipieren wir, gemeinsam oder in Gruppen, eigene Texte, deren Ausführung (Spickzettel, Wegweiser, Manifest...) und Medium (Print, Web, Wiki...) in den darauffolgenden wöchentlichen Zwischenbesprechungen im Hinblick auf Zielsetzung und Reichweite diskutiert werden. Das Seminar schließt mit einer Endpräsentation der erarbeiteten Formate und einem Ausblick.

 

Wichtig: Die Teilnahme am Workshop setzt die regelmäßige Mitarbeit am theoretischen Teil voraus und umgekehrt.

 


 

Un/Menschlich? Vom Tier-Werden des Menschen und Mensch-Werden der Maschine

(auch Freie Kunst FK-T3, Kunstpädagogik Modul D.05.09)

Dr. Susanne Witzgall

 

Raum E.O1.23, A.EG.01 (09.07.), Akademiestr. 4

Zeit Dienstag 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 30.04.2019,

weitere Termine 14.05., 21.05., 28.05., 04.06., 11.06., 18.06., 25.06., 02.07., 09.07.

Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Das westlich-humanistische Konzept des Menschen basiert auf einer klaren Abgrenzung des Menschlichen zum Tierischen und zum seelenlosen Apparat. Vor allem seit den 1980er und 1990er Jahren befindet sich dieses exklusive Konzept jedoch auf einem rasanten Sinkflug und mit ihm die Unterscheidungen zwischen Mensch, Tier und Maschine. Aktuelle Werke der Bildenden Kunst und Populärkultur, ebenso wie zeitgenössische Theorien – beispielsweise aus den transdisziplinären Bereichen des Posthumanismus oder der Animal Studies – stellen die klassischen Trennungen zwischen Mensch und Tier bzw. Mensch und Maschine in Frage und sehen in ihrer jeweiligen Verschmelzung die Chance, anthropozentrische und humanistische Subjektkonzeptionen herauszufordern und die abwertenden Kategorien von Rasse, Klasse und Geschlecht zu überwinden.

 

Der erste Teil des Seminars untersucht an zahlreichen aktuellen Beispielen aus der Bildenden Kunst – darunter Werke von Eija-Liisa Ahtila oder Marcus Coates – und der Populärkultur („Wolverine“, „Shape of Water“, „Human“ von Sevdaliza) die vielfältigen Grenzüberschreitungen zwischen Mensch und Tier. Hierzu werden neben Veröffentlichungen jüngerer Autor*innen als Klassiker der Animal Studies Texte von Giorgio Agamben, Gilles Deleuze und Felix Guattari oder Jacques Derrida herangezogen. Der zweite Teil des Seminars beleuchtet die künstlerische und theoretische Auseinandersetzung mit den scheinbar immer enger werdenden Verstrickungen von Mensch und intelligenter Maschine bzw. unbelebtem Objekt. Wir analysieren Arbeiten von Ed Atkins, David Douard, Lilli Reynaud-Dewar, Jordan Wolfson oder Lu Yang, in denen Algorithmen, Avatare, Cyborgs und Roboter im Zentrum stehen, sowie Texte von James Bridle, N. Katherine Hayles, Rosi Braidotti und Luciana Parisi. Dabei soll nicht zuletzt diskutiert werden, ob auf dem einen oder anderen Feld auch Stimmen zu vernehmen sind, die die Kehrseite der gegenwärtigen Grenzaufweichungen durchaus kritisch reflektieren. Denn trotz der proklamierten nicht-anthropozentrischen Perspektive scheint die Frage, was es heißt, ein menschliches Wesen zu sein, in vielen der angeführten Beispiele dennoch ungebrochen präsent.



Post-human Dreams, Future Media and Virtual Reality

(auch Freie Kunst FK-T4, Kunstpädagogik Modul C.01.09)

Prof. Dr. Marietta Kesting

 

Raum/Room A.EG.01, E.EG.22 (03.07.), Akademiestr. 2–4

Zeit/Time Mittwoch/Wednesday 14.00–18.00 Uhr/2–6 p.m, Beginn/Start: 24.04.2019 (Einführung/Introduction), weitere Termine/further dates 15.05., 22.05., 05.06., 19.06., 03.07.

Kontakt/Contact Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Unterrichtssprache/teaching language: Englisch und Deutsch/English and German

 

Can machines dream? Or as Philip K. Dick prominently asked: “Do Androids dreams of electric sheep?” Or can virtual reality installations soon recreate human dreamscapes?

The ability to dream is one of the proficiencies that supposedly make one human, yet not only all mammals, but also evolutionary very far-related species as octopuses dream as well. At the same time dreams are considered irrational and not any serious source of knowledge. Yet, most monotheistic religions tell of prophecies conveyed in dreams, whereas some indigenous belief systems have more complex interpretations of clues received in dreams. Beyond Sigmund Freud’s psychoanalytic theory, it is scientifically proven that dreaming, which often occurs in the REM phase of sleep, is needed for learning and solving complex problems during wakefulness.

 

The culturally loaded metaphor of dreaming is also connected to imagining a better future, as in Martin Luther King’s famous speech “I have a dream”, of perceiving and sustaining a vision for change and can be the base for political activism. However, the state of sleep can only be entered, if one has to a certain extent “no interest at all”, as Henri Bergson observed. While white male agency is usually framed as willful, rational, conscious and disciplined, dreams render subjectivities to an extent into passive receivers who can watch on their ‘inner screens’ but cannot control the course of action their dream narrative takes. Now virtual reality-settings (VR) promise just that: that one can enter one’s dream images and more or less actively manipulate them. This brings up questions about the creation of ‘open’ versus ‘closed’ worlds, and in/complete immersion. The paradoxical state of the dreaming subject, e.g. one can only remember and talk about the dream, if one is woken up, can help to theorize the desired state of seamless immersion in VR.

 

Moreover, there is a long history of audiovisual media and their comparison to the functioning and content of mental dream imagery. For example, Plato’s allegory of the cave was re-read and re-interpreted by media theorists as the primary envisioning of the cinematic dispositive, while Henri Bergson prominently compared the function of the human mind to a cinematograph. The seminar pursues an interdisciplinary perspective on the relationship of post-human and future dreaming in VR and other media and surveys texts in English and German from cultural and media theory, philosophy, sleep science, cognitive psychology, postcolonial theory and art history. They will be discussed together with artistic positions that work on the topics of dreaming and sleep both in VR and other media. Some proficiency in English is required, but both languages (English and German) may be used to give presentations.

 



Kolloquium „Kunst und Wissen“ / colloquium „art and knowledge“

Dr. Susanne Witzgall

 

Raum/Room A.EG.01, E.EG.22 (06.06.), Akademiestr. 2–4

Zeit/Time Donnerstag/Thursday 18.00–19.30 Uhr/6–7.30 p.m., Termine/Dates 02.05., 16.05., 06.06., 27.06., 04.07.

Kontakt/Contact Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Unterrichtssprache/teaching language: Englisch und Deutsch/English and German

 

Im Rahmen des Kolloquiums werden zentrale Texte diskutiert, die für gegenwärtige Diskurse zum Thema Kunst und Wissen oder künstlerischer Forschung von Bedeutung sind. Das schließt auch Literatur mit ein, die transversale, diffraktive oder dekoloniale Methodologien propagiert (Felix Guattari, Karen Barad, Linda Tuhiwai Smith). Ziel des Kolloquiums ist es, ein offenes Forum zu schaffen, in dem Kunst als epistemischer Prozess, Differenzen und Ähnlichkeiten von Kunst und Wissenschaften, aber auch ein mögliches Aufbrechen von konventionellen Wissenskategorien und ein „Durch-einander-hindurch-denken“ von künstlerischen und wissenschaftlichen Weltzugängen diskutiert werden können. Studierende sind herzlich dazu eingeladen, ihre eigenen Arbeiten in diesem Kontext zu präsentieren.

 

Angeregt durch die – von Studierenden der Akademie der Bildenden Künste initiierte – interdisziplinäre Projektklasse „SFB42“ sollen im Rahmen dieses Kolloquiums zentrale Texte diskutiert werden, die für den gegenwärtigen Dialog von Kunst und (Natur)wissenschaften von Bedeutung sind. Diese schließen nicht nur Texte mit ein, die derzeit von vielen transdisziplinär arbeitenden Künstler*innen rezipiert werden (z. B. Aufsätze von Hans-Jörg Rheinberger oder Autor*innen des Neuen Materialismus), sondern auch solche, die transversale, diffraktive oder dekoloniale Methodologien propagieren (Felix Guattari, Karen Barad, Linda Tuhiwai Smith). Ziel des Kolloquiums ist es, über die gemeinsame Analyse dieser Texte ein offenes Forum zu schaffen, in dem das grundsätzliche Verhältnis sowie Differenzen und Ähnlichkeiten von Kunst und Wissenschaften, aber auch ein mögliches Aufbrechen von konventionellen Wissenskategorien und ein Durcheinanderhindurchdenken von künstlerischen und wissenschaftlichen Weltzugängen diskutiert werden können.

 

Jahresthema 2018/19: „Human after Man“


Von der Normierung des Menschen zu alternativen Formen des Humanum
(De-)Konstruktionen des Menschseins in Design und Architektur
(auch Modul B.06.09 und FK-T2)
Karianne Fogelberg, M. A.

Raum E.ZG.04, Akademiestr. 4
Zeit Dienstag 10.30–12.30 Uhr, Beginn: 23.10.2018, weitere Termine (wöchentlich) 30.10., 06.11., 13.11., 20.11., 27.11.,
04.12., 11.12., 18.12.2018, 15.01.2019, 22.01., 29.01.
Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Nach der jamaikanischen Autorin und Philosophin Sylvia Wynter liegt das Problem des Humanum in den
Artikulierungen dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein. Design und Architektur bringen machtvolle
Artikulierungen der westlichen Vorherrschaft hervor, deren unheilvoller Einfluss darin liegt, dass sie nur selten
als solche wahrgenommen werden. Die Gestaltungsdisziplinen haben dazu beigetragen, das Menschsein zu
vermessen, zu normieren und zu naturalisieren, und im Zuge dessen alle diejenigen, die von dem Ideal des
westlichen weißen Mannes abweichen, auszuschließen.
In Design und Architektur galt der Mensch stets als Maß der Dinge. Die Ideen der Moderne prägten in der
westlichen Hemisphäre das Bild eines „neuen Menschen“, das im Verlauf des 20. Jahrhunderts fortwährend
erneuert wurde und bis heute in unseren materiellen und digitalen Umgebungen sowie Denk- und
Handlungsweisen gegenwärtig ist. Im Design, seinen Artefakten, Systemen und Praktiken manifestiert sich, wovor
Wynter warnt: Wir sind in einem Wissenssystem gefangen, welches darin scheitert zu erkennen, dass die
Erzählungen über das, was es bedeutet, Mensch zu sein, konstruiert sind.
Das Seminar untersucht zunächst, wie Industrialisierung und Serienproduktion die Normierung des Menschseins
vorangetrieben haben, und welche Anfechtungen das vorherrschende Menschenbild in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts erfahren hat. Im Weiteren analysieren wir, wie die angebliche Sonderstellung und Universalität des
Menschen vor dem Hintergrund aktueller dekolonialer und posthumanistischer Diskurse in der Designtheorie und
-praxis kritisch reflektiert werden, und mit welchen Strategien und Mitteln der Versuch unternommen wird, sich
von den dominanten Konstruktionen loszusagen und alternative Formen des Humanum zu entwerfen.

 



Cyborg oder ‚Minion’, Dividuum oder planetarische Kreatur?
Menschenbilder in Populärmedien, bildender Kunst und Theorie der Gegenwart

(auch Modul D.05.09 und FK-T3)
Dr. Susanne Witzgall

Raum
E.O1.23, E.O2.29 (13.11.), Akademiestr. 4
Zeit Dienstag 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 23.10.2018, weitere Termine: 30.10., 13.11., 20.11., 27.11., 04.12., 11.12.,
18.12.2018, 15.01.2019, 22.01., 29.01.
Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

„Der Anbruch des Anthropozäns nötigt uns dazu nicht nur zu fragen, ‚Was zum Teufel wir tun?’, sondern sogar
noch grundlegender zu fragen ‚Was zum Teufel wir sind?’, bemerkte erst kürzlich die amerikanische
Politikwissenschaftlerin Karen Liftin. Sie reiht sich damit in die Stimmen anderer Theoretiker*innen ein, die vor
allem das westlich-humanistische Konzept des Menschen als Legitimation vielfältiger diskriminierender
Hierarchisierungen und Ausbeutungsstrategien der Vergangenheit ansehen und deshalb eine aktuelle
Neubestimmung des Menschen fordern. Das Seminar untersucht transdisziplinäre und dekoloniale Ansätze dieser
Neubestimmung und setzt sie in Bezug zu Manifestationen aktueller Menschenbilder in der Bildenden Kunst und
den Populärmedien der Gegenwart. Die erste Hälfte des Seminars wirft dabei einen Blick zurück auf die
vielfältigen Krisen und Redefinitionen des Menschenbildes nach 1945, die auf die heutigen hinführen und sich
doch klar von diesen unterscheiden: auf die Diskussionen um den Verlust des Menschenbildes in der
Nachkriegszeit, die ‚Reparaturversuche’ des Menschenbildes im Postkolonialismus, die technischen
Erweiterungsphantasien des Menschen im Cyberpunk oder die genetischen und digitalen Rekreationen des
Menschen im Posthumanismus der 1990er Jahre.
Ausgehend von einer kritischen Lektüre von Hans Beltings Aufsatz „Das Menschenbild als Körperbild“ stellt das
Seminar außerdem immer wieder die Frage nach dem Verhältnis von Repräsentation und Idee des Menschen und
lotet die potentiellen Beziehungen zwischen einer Krise des Bildes und derjenigen eines westlichen
Verständnisses des Menschen aus. Neben einschlägigen theoretischen Positionen (darunter Texte von Frantz
Fanon, Donna Haraway, Maurizio Lazzarato, Rosi Braidotti, Ursula K. Heise und Sylvia Wynter) analysieren wir
künstlerische Arbeiten von Francis Bacon über Genesis Breyer P-Orridge bis hin zu Mika Rottenberg und Josh
Kline sowie Kinofilme von „Terminator I“ bis „Shape of Water“.



Afrofuturismus JETZT: Soundscapes, Klang-Mensch-Maschinen und andere nicht-westliche Technik-Imaginationen
(auch Modul C.01.09 und FK-T4)
Prof. Dr. Marietta Kesting

Raum A.EG.01, E.O1.23 (05.12. und 30.01.), Akademiestr. 2–4
Zeit Mittwoch 14.00–18.00 Uhr, 14-tägig, Beginn: 24.10.2018 (Einführung),
weitere Termine 14.11., 21.11., 05.12., 19.12.2018, 16.01.2019, 30.01.
Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


“Machines in these [19th century] texts operate as a metonym for blacks, just as during slavery blacks were
metonyms for labor, technology and … all that occupies the liminal space among primary conceptual categories
such as human, animal, and machine.“ (Louis Chude-Sokei).
„Afrofuturismus“ bezeichnet ein ästhetisches Genre, das vor dem Hintergrund des anhaltenden Rassismus’ der
1950er Jahre in den Vereinigten Staaten in afro-amerikanischer Literatur und Musik entworfen wurde.
Mittlerweile umfasst dieses Genre eine Vielzahl interkontinentaler Transfers von Ideen, Formaten, Stilen und
Sounds zwischen Afrika, der Karibik, USA sowie Europa. Science-Fiction und Techno-Poetik sind dabei
angewandte Strategie und Methode, die Gegenwart zu kritisieren und eine radikal andere Zukunft zu entwerfen,
die Aliens, Androids und andere post-humane Wesen miteinbezieht. Gleichzeitig lassen sich genau in diesem
Ansatz Verbindungen zu feministischen Spekulationen ausmachen, wie z. B. zu Donna Haraways „multi-species“-
Narrativen oder auch Saidiya Hartmans „critical fabulations“, letztere rekonstruiert postkoloniale Geschichte/n.
Das Seminar untersucht Positionen aus Kunst, Film, Literatur und insbesondere die diasporischen Soundgewebe
des Black Atlantic: Viele afrofuturistische Positionen drücken sich nicht allein durch Texte und Bilder, sondern
primär durch Musik unterschiedlicher Stilrichtungen wie Rap, Free Jazz, Dub, Kwaito und Gqom aus und
benutzen diese als affizierendes Kommunikationsmittel. Wie werden in diesem Kontext menschliche Körper, die
mit technischem Equipment Sound produzieren oder diese durch Tanz verkörpern Teil einer maschinistischen
Assemblage? Und wie transportieren diese Formate Widerstand, erweitern die Grenzen des Sicht- und Sagbaren,
und unterbrechen kanonische Wissensordnungen und schaffen somit andere – auf Oralität und Klang basierende
– Archive? Neben prominenten Vertreter*innen wie Sun Ra, Alice Coltrane, George Clinton, Octavia Butler,
Samuel Delaney, Paul Gilroy, Kodwo Eshun werden insbesondere aktuelle Arbeiten von Arthur Jafa, Joseph Kahlil,
Thenjiwe Niki Nkosi, Pamela Phatsimo Sunstrum, und Jean-Pierre Bekolo analysiert. Forschungsfragen lauten:
Wie werden im Afrofuturismus die Verhältnisse von Herr-Sklave, Tier-Maschine, und Roboter-Cyborg verschoben?
Welches spekulative Wissen wird konstruiert und welche normativen Ordnungen werden subversiv umgekehrt?
Welche anderen Zukünfte werden dadurch vorstellbar? Politisch gewendet: was sind die historischen und
aktuellen Verbindungen zwischen Afrofuturismus und Bewegungen wie Black Lives Matter? Zentral ist hier das
immer noch dominante, mediale Bild staatlicher Überwachungsregime, die die schwarzen Körper als „gefährliche“
oder „prekäre“ Andere konstruiert und als Gegenreaktion die Imagination freier, vermögender Körper – gleichwie
in „outer space“, Unterwasser oder als fantastische Superheld*innen.



Kolloquium zum aktuellen Kunst-Wissenschafts-Diskurs

Dr. Susanne Witzgall

Raum A.EG.01, E.O1.23 (04.10., 06.12.), Akademiestr. 2–4
Zeit Donnerstag 18.00–19.30 Uhr, Termine: 04.10., 25.10., 08.11., 22.11., 06.12.
(weitere Termine werden vor Ort vereinbart)
Kontakt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Unterrichtssprache: Deutsch und Englisch

Angeregt durch die – von Studierenden der Akademie der Bildenden Künste initiierte – interdisziplinäre
Projektklasse „SFB42“ sollen im Rahmen dieses Kolloquiums zentrale Texte diskutiert werden, die für den
gegenwärtigen Dialog von Kunst und (Natur)wissenschaften von Bedeutung sind. Diese schließen nicht nur Texte
mit ein, die derzeit von vielen transdisziplinär arbeitenden Künstler*innen rezipiert werden (z. B. Aufsätze von
Hans-Jörg Rheinberger oder Autor*innen des Neuen Materialismus), sondern auch solche, die transversale,
diffraktive oder dekoloniale Methodologien propagieren (Felix Guattari, Karen Barad, Linda Tuhiwai Smith). Ziel
des Kolloquiums ist es, über die gemeinsame Analyse dieser Texte ein offenes Forum zu schaffen, in dem das
grundsätzliche Verhältnis sowie Differenzen und Ähnlichkeiten von Kunst und Wissenschaften, aber auch ein
mögliches Aufbrechen von konventionellen Wissenskategorien und ein Durcheinanderhindurchdenken von
künstlerischen und wissenschaftlichen Weltzugängen diskutiert werden können.

Jahresthema “Human after Man“


Interdisziplinäre Vortragsreihe (WS 2018/19)

 

06. November 2018

Der Co/Sympoietische Mensch

Bracha Ettinger, Kathrin Thiele

 

Bracha L. Ettinger ist eine einflussreiche Künstlerin-Malerin und Künstlerin-Theoretikerin, Philosophin und Psychoanalytikerin, deren Werke der 1990er Jahre auf den Gebieten der zeitgenössischen europäischen Malerei, der Philosophie, Psychoanalyse, der kritischen Studien, Kunsttheorie und -geschichte, Film- und Literaturstudien sowie des Feminismus wegbreitend waren. Ihre sowohl abstrakte als auch symbolische Kunst erforscht Tiefe und Farbe als Licht sowie archivarische Spuren von Trauma und setzt sich mit historischen und persönlichen Erinnerungen im Bezug auf Frauen im Krieg, Vergessenheit und Zeugenschaft auseinander. Ettinger, die in Paris und Tel Aviv lebt und arbeitet, hat den Marcel Duchamp-Lehrstuhl inne und ist Professorin für Psychoanalyse und Kunst an der European Graduate School und Distinguished Professor of Philosophy am GCAS College Dublin. Sie ist eine der führenden Theoretikerinnen auf dem Gebiet der zeitgenössischen französischen Philosophie und Psychoanalyse. Ihre Matrix-Theorie bietet ein metaphysisches Paradigma für ein Neudenken von Subjektivität, Transjektivität und Weiblichkeit. Sie selbst betrachtet ihren Ansatz als Metafeminismus. Ihre Kunstwerke, vor allem Gemälde, Zeichnungen, Künstler-Notizbücher und Fotografien, wurden weltweit in bedeutenden Museen zeitgenössischer Kunst ausgestellt und waren Gegenstand mehrerer Bücher. Zu ihren jüngsten Ausstellungen zählen die im Schlesischen Museum im polnischen Kattowitz (2017) und in der UB Anderson Gallery, Buffalo, USA (2018), und sie nimmt an der nächsten Kochi-Muziris-Biennale (2018–2019) teil. Zu ihren eigenen Publikationen zählen And My Heart Wound-Space, das 2015 anlässlich der 14. Biennale von Istanbul veröffentlicht wurde (eine Monografie, die vier ihrer frühen und neuen Essays sowie Reproduktionen ihrer Kunstwerke enthält), und eine unter dem Titel The Matrixial Borderspace (University of Minnesota Press, 2006) veröffentlichte Sammlung ihrer Aufsätze. Eine zweibändige Auswahl ihrer Essays erscheint derzeit bei Palgrave-Macmillan (Hrsg. Griselda Pollock).

 

Kathrin Thiele

 

Kathrin Thiele ist Professorin für Gender-Studien und Kritische Theorie an der Fakultät für Medien- und Kulturstudien der Universität Utrecht. Nach ihrem die Fachgebiete Gender-Studien, Soziologie, Literaturwissenschaft und Kritische Theorie umfassenden Studium konzentriert sich ihre Forschung auf ethische und politische Fragen aus einer queer-feministischen, dekolonialen und posthuman(istisch)en Perspektive. Ihre Texte, deren spezifisches Augenmerk Fragen der Relationalität, Impliziertheit und ontologischen Verstrickungen gilt, intervenieren in zeitgenössischen feministischen Debatten zu (sexuellen) Differenzen, De-/Kolonialität und neuem Materialismus/neuen Posthumanismen. Sie denkt mit zeitgenössischen, queeren, feministischen und dekolonialen Ansätzen, um ein vielversprechendes theoretisches Potenzial sowie dringende ethisch-politische Herausforderungen einer feministischen anderen Differenz darzulegen. Derzeit untersucht sie aus einer feministischen philosophischen Perspektive die Komplexität und Nicht-Unschuld kritischer Behauptungen, die Relationalität und Verstrickung als primäre Faktoren der zeitgenössischen planetaren Existenz betonen (erscheint in Kürze). Gemeinsam mit Birgit M. Kaiser ist sie die Gründerin und Koordinatorin des Forschungs-netzwerks Terra Critica: Interdisciplinary Network for the Critical Humanities (terracritica.net). Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen zählen Doing Gender in Media, Art and Culture (hrsg. mit Rosemarie Buikema und Liedeke Plate, Routledge 2018).

Human after Man (2018/19)