Ausstellung
Eröffnung: Fr | 08.09.2023 | 18:00 Uhr, Begrüßung und Preisverleihung: Christian Schnurer (Halle 6), Prof. Karen Pontoppidan (Präsidentin AdBK), Julia Wittmann (Kuratorin); Musik von DJ Bike
Datum: 2023-09-09
2023-09-17
Öffnungszeiten: Various Others / Open Art Wochenende: Sa | 09.09. & So | 10.09., 12:00 - 21:00 Uhr, danach Mo - So | 16:00 - 21:00 Uhr
Ort: Halle 6 | Kreativquartier | Dachauerstr. 112d
Veranstaltungen: Konzert von Cosmica Bandida: So | 10.09. | 18:00 Uhr

 

Die Debütant*innen der Akademie der Bildenden Künste München 2023 zu Gast in der Halle 6.

 

In der Debütant*innenausstellung präsentiert die Akademie der Bildenden Künste München jedes Jahr ihre ausgezeichneten Absolvent*innen des Diploms und des Staatsexamens. Die 12 jungen Künstler*innen zeigen in der Halle 6 meist neue und auf den Raum bezogene Arbeiten.

Die Debütant*innenausstellung wird kuratiert von Julia Wittmann.

 

Am Sonntag, den 10.09., spielen Cosmica Bandida in der Halle 6, Beginn 18:00 Uhr.

 

Preise & Preisträger*innen:
Katrin Bittl, Preis des Akademievereins
Stefan Holzmair, Debütant*innenförderung
Manuela Illera, Preis der Akademie aus den Stipendienfonds
Maria Matinyan, Examenspreis 2022
Ricarda Maurizio, Examenspreis 2022
Rūtė Merk, DAAD-Preis
Michael Pfitzner, Preis der Akademie aus den Stipendienfonds
Rebecca Ruchti, Examenspreis 2022
Vincent Scheers, Preis des Akademievereins
Justin Urbach, Preis der Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung
Kay Yoon, Debütant*innenförderung
Andreas Zagler, Debütant*innenförderung

Eintritt frei.

 

Raumplan Halle 6

 

Flyer / Plakat

Gestaltung: Tatjana Vall, Justin Urbach

 

 

 

 

Katrin Bittl

Katrin Bittl beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit gesellschaftlichen Idealbildern und Normvorstellungen. Sie untersucht ihren eigenen Körper als Frau mit Behinderung mittels Videoperformance und Animation und lässt intime Räume durch private Alltagsgegenstände und Möbelstücke entstehen. Durch Hilfsmittel aus der Pflege, die sie in ihre Videoperformance einbezieht, begegnen sich Mensch, Maschine und Natur auf ungewöhnliche Weise. In Zeichnung und Malerei erforscht sie Körpernormierungen, die manipuliert und dekonstruiert werden, indem sie sie skaliert, übermalt oder in neue Kontexte stellt. In der Videoarbeit „Cranes" zeigen sich die Künstlerinnen Saioa Alvarez und Katrin Bittl von ihrer besten Seite: rauchend, nackt, von Natur genauso wie von schweren Maschinen umgeben. Auf einem Steg steht ein sonst nur im Privatraum genutztes Hilfsmittel: der Hebelift, eine Art Kran. Katrin sitzt darin, wie in einer Hängematte, und genießt den Ausblick aufs Wasser.

 

Entstanden in Zusammenarbeit mit dem HAU Hebbel am Ufer im Rahmen der #TakeHeart Residenz, gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

 

Stefan Holzmair

Die künstlerische Arbeit von Stefan Holzmair umfasst phantasmatische Bilder und Skulpturen. Die auf mundgeblasenes Flachglas transferierten Collagen werden aus den Fotos von Lifestyle Magazinen hergestellt, bei den Skulpturen handelt es sich um engobierte Keramik. Beide bedienen sich einer surrealen Formensprache, speisen sich aber auch aus einer digitalen Körper- und Materialwahrnehmung. Holzmairs keramische Subjekte scheinen im Laufe eines mechanischen oder organischen Vorgangs oder einer Metamorphose erstarrt zu sein. Es sind Kreaturen zwischen Lebewesen und Apparat, die in sich selbst Netzwerke bilden, durch rätselhafte Öffnungen und amorphe Versorgungsleitungen Körperfunktionen suggerieren und sich in einem Zustand ständigen Wandels und permanenter Wiedererschaffung befinden. Sie sind Produkte einer neoliberalen Lebenswirklichkeit, die durch dauerhafte Verunsicherung laufende Anpassung und organische Flexibilität erfordert. Die Arbeiten können als dunkle Seite einer spekulativen Zukunft eskapistischer Parallelwelten gelesen werden.

 

Manuela Illera

SENTIMENTAL DISOBEDIENCE präsentiert eine facettenreiche Auswahl von vier Methoden der Dekolonisierung, vier Stücke, die sich kritisch mit den Machtdynamiken und kulturellen Hierarchien auseinandersetzen, die durch koloniale Systeme auferlegt wurden. Ursprünglich als ortsspezifisches Projekt für die Historische Aula der AdBK gedacht, werden bei dieser Wiederholung der Installation zwei der vier Methoden in der Halle 6 präsentiert: „Animal Ventus“ - ein Kurzfilm über die inneren Erkundungen eines achtjährigen Flüchtlingskindes; und „Las Picas“ - eine Klanginstallation mit zwei Klanggeräten, die von der Kultur des Picó-Soundsystems an der kolumbianischen Nordküste inspiriert ist.

 

ANIMAL VENTUS ist ein Kurzfilm und ein konzeptionelles Musikalbum für Kinder (und Erwachsene), das von León Rivera (8) und Manuela Illera komponiert und kon-zipiert wurde. Es ist eine ursprüngliche Reise in innere Gedanken über den Körper und seine Animalität, Tanz, Vulnerabilität, Scham, Wut und Ermächtigung. ANIMAL VENTUS enthüllt auf zärtliche und subtile Weise die Gedanken und Überlegungen zur Männlichkeit eines 8-jährigen Flüchtlingskindes, der sein Leben auf der anderen Seite des Ozeans aufbaut.

 

Maria Matinyan

Als ortsspezifische Künstlerin fokussiert sich Maria Matinyan auf die künstlerische Auseinandersetzung mit Räumen, Zeit und Erinnerungen; insbesondere mit den Klang-Erinnerungen an speziellen Orten, Menschen, Gefühlen und Ereignissen. Sie erscheinen als eine Verbindung zwischen der Vergangenheit, der Zukunft und dem, wo wir jetzt stehen.

 

Ricarda Maurizio

Ricarda Maurizios künstlerische Arbeit basiert auf ihrer jahrelangen Tätigkeit als Kinderkrankenschwester in München. Der pflegerische Umgang mit den kleinen Patient*innen und der anstrengende Arbeitsalltag sind Triebwerk und Motor ihrer Bildwelten. Unterschiedliche Krankheitsbilder, die leidtragenden Kinder und das raue, an der Wirtschaft orientierte Pflegesystem beeinflussen die schöpferischen Prozesse der Künstlerin. Ausgehend von ihren Interessen beschäftigt sie sich u.a. mit großformatiger, zerschnittener und neu zusammengefügter Malerei, Performances im öffentlichen Raum, Installationen und Objektbau.

 

Rūtė Merk

Die Praxis von Rūtė Merk präsentiert eine spezifische Ästhetik, die von der Computermodellierung oder virtuellen Welten beeinflusst wird und mithilfe einiger grundlegender, traditioneller Maltechniken umgesetzt wird. Ihre Arbeit ist bekannt für Porträts von entfremdeten Millennials wie "Clara" (2019), während neuere Werke sich mit der Beziehung zwischen digitalen Darstellungsweisen und physischen Prozessen befassen - "Steak und Blaue Mystik" (2022) erinnern sowohl an historische Kunststile als auch an fortschrittliche Technik in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie.

 

 

Michael Pfitzner

In der Serie „It’s gonna be fine“ erarbeitet Michael Pfitzner rohe, unvollkommene, sketchartige Geschichten und Bilder, die kurze, komödiantischen Szenen mit einer reduzierten Handlung zeigen. Er kombiniert Textpassagen aus Songs, Tagesthemen sowie plumpe Aussagen des Alltags zu Comicstrips und Bild-Text-Collagen. Die Zeichnungen sind digital angefertigt; in den Arbeiten geht es nicht um einen Fetisch der Handarbeit, sondern um die Idee.

 

Rebecca Ruchti

Rebecca Ruchti beschäftigt sich mit dem Verhältnis von (Un-)Sichtbarem und Gehörtem. Die zur Debütant*innenausstellung gezeigte Arbeit ist als visuelle Analyse von Geräuschen zu verstehen, deren Quellen im Verborgenen lagen. Ausgangspunkt ist die wiederkehrende Geräuschkulisse eines Innenhofs in Marseille. Rebecca Ruchti sieht den Innenhof mit den umliegenden Balkonen der vielstöckigen Wohnblocks als eine Art Amphitheater und sucht nach dem dort Aufgeführten. Ihr Fensterblick zum Innenhof zeigt ein gleichbleibendes Standbild, das wenig über die Handlungen und Beschaffenheiten preisgibt, die ihn auszeichnen. Die Geräusche und Echos, die durch den Innenhof in die Wohnungen hallen, erzählen jedoch mehr: Von einem Tennisplatz und Menschen, die dort tagsüber ihre Sätze spielen; von eingesperrten, nachts laut bellenden Hunden und, ab und zu, von fallenden Schüssen.


Vincent Scheers

Vincent Scheers spielt in seinen medienübergreifenden Objekt-Assemblagen, seinen Raum-Installationen, aber auch seinen Zeichnungen, Gemälden oder Multiples mit Wiederholung, Ähnlichkeit und Assimilation. Als Stilmittel dienen sie dem Künstler dazu, Irritationen zu sähen und Distanz zu alltäglichen Seh- und Wahrnehmungszusammenhängen aufzubauen. Dabei stellt Scheers äußerst erzählerische Bedeutungszusammenhänge her, um die gemeine Logik zugleich zu unterlaufen. Aus eben jener Differenz bildet er seine ästhetischen und poetischen Aussagen. Auf analytischer Ebene können die meist aus zwei oder mehr Elementen zusammengesetzten Plastiken des Künstlers als Hybride gelesen werden, da sie von der Dynamik wechselseitiger Beziehung ergriffen sind. So ergeben sich in seiner Kunst durch die pointierte und zugleich imaginationsstarke Inszenierung der ambivalenten Protago-nisten seiner Werke immer wieder surreale, ja magisch-realistische Narrative. Zusammenhänge werden gebildet, Assoziationen werden wach, Geschichten entspinnen sich. Diese Geschichten könnten dem Genre von Sagen- bzw. Mythenerzählungen zugeschrieben werden, die von Übersinnlichem berichten.
(Text: Viktoria Tiedeke)

 

Justin Urbach

Justin Urbach erforscht in seiner künstlerischen Praxis mit zeitbasierten Medien die Verflechtung von Mensch und virtueller Realität und konzentriert sich dabei auf Fragen von Medialität, Materialität, Transformationsprozessen und Hybridität. In seinen Videoinstallationen schafft er virtuelle und teilweise immersive Bildwelten, die sein Interesse an der Beziehung zwischen Mensch, Natur und Technologie widerspiegeln, wobei er auf technische Systeme wie MRTs, 3D-Scans und Motion-Capture zurückgreift und mit Spezialist*innen aus verschiedensten Gebieten zusammenar-beitet. Die Arbeit „BreezeBlocks“ versteht sich als Weiterführung der Videoinstallation „Fractal Breeze“, die Anfang 2023 als Diplom-Arbeit an der Kunstakademie München präsentiert wurde. Die Videoinstallation „Fractal Breeze“ zeigt eine metafiktionale Darstellung unserer technologischen Zukunft auf, in der sich zwei Charaktere an den Grenzen von Virtualität und Realität bewegen. Ausgangspunkt ist der Rohstoff Silizium, der zur Herstellung von Mikrochips eingesetzt wird und in seinen vielfälti-gen Produktionsstufen reflektiert wird. In Form von Wafern, dünnen spiegelnden In-formationsträgern, ermöglicht Silizium den Übertritt in eine hybride Welt, in der sich virtuelle Sphären zunehmend materialisieren und die Charaktere eine neue Körperlichkeit erfahren.

 

Kay Yoon

In den neuesten Werken „Rusty Sounds in My Belly, Were You My Nightmares?“ und „I Slit the Mammary Gland and Heard the Echoes of an Unknown Land“ bringt Kay Yoon ihre Abschlussarbeit „Free the Bone from the Flesh“ in eine neue Form. Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein Epoxidharz-Kunstwerk, das den Betrachter auf eine multisensorische Reise durch Zeit und Erinnerung mitnimmt. Die einmal gemachte Erfahrung wurde in einer „Tür“ eingekapselt, die präzise an einer Wand aufgehängt ist und den Durchgang der Erinnerung verkörpert.

Fragmente der ursprünglichen Materialien sind erhalten geblieben – Stoff aus der Makgeolli-Produktion, Reishefe und verwitterte Artefakte – ein in der Verwandlung gefangener Bannkreis. Metallglocken zaubern eine bezaubernde Klanglandschaft, die mit den eigenen Erfahrungen des Betrachters in Resonanz steht. Ein versteckter Lautsprecher im Inneren der Struktur sorgt für eine zusätzliche akustische Intimität und lädt das Publikum dazu ein, sich erneut auf die Leseperformance der Graduiertenarbeit einzulassen. Die Worte, die einst in die Luft gesprochen wurden, hallen nun durch das Medium selbst und verwandeln den Raum in ein Heiligtum gemeinsamer Erfahrungen und Gefühle.

 

Andreas Zagler

In seinem künstlerischen Schaffen beschäftigt sich Andreas Zagler mit Themen wie Zeit, Erinnerung und Wahrnehmung und nutzt bildnerische Materialien als Mittel zur formalen Erforschung davon. In seinen neuen Arbeiten, die in der Ausstellung in der Halle 6 zu sehen sind, wurde dem Bildträger über lange Zeit täglich neues Material hinzugefügt, wieder abgetragen, zerkratzt, mit den Fingern darauf geschmiert, mit Spachteln abgeschlagen und/oder wieder neu aufgetragen. Dieser Prozess findet vorwiegend mit den Händen und alltäglichen Werkzeugen statt, welche in der Zeit-spanne der Entstehung eine Oberfläche schaffen, die eben jenen Herstellungsprozess erzählt und abbildet. Zagler bindet so die Zeit und die Handlungen dieser Vorgänge auf die Fläche des Bildträgers und hebt diese dadurch aus der zeitlichen und räumlichen Ordnung des Schaffens in jene des statischen Moments eines Bildes – die wiederkehrenden Aktionen und die Zeit werden zum zentralen Bildmotiv. Die Sammlung an Spuren, die sich mit der Zeit zu einer farbigen Oberfläche formieren, wird zu einem künstlerischen Zeugnis von Entscheidungen, Bedingungen und Zufällen.
(Text: Laura Etz)

 

 

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